Raubtiertransport nach Jaderberg
Löwin Zuri hat ‘nen Neuen
von Karsten Krogmann / 12.08.2016
„Ein angenehmer Zeitgenosse“: Löwenkater Matadi hat am Donnerstag sein neues Zuhause im m Jaderberger Tierpark bezogen. Die ersten Zoobesucher durften ihn am späten Nachmittag bestaunen. Bild: Torsten von Reeken
Witwer Matadi lebte allein im Leipziger Zoo. Auch Löwin Zuri im Zoo Jaderpark war einsam. Nun sollen die beiden ein Paar werden. Viele Löwinnen stehen aber eher auf dunkle Typen. Wird das trotzdem was zwischen der schicken Zuri und „Blondie“ Matadi?
Zitat
Jaderberg/Leipzig So einen Löwen kann man ja nicht per Post verschicken oder in die nächste Bahn setzen – ein Löwentransport ist komplizierter. Man braucht die Genehmigung des Veterinäramtes, man braucht einen Tiertransporteur mit Tiertransportschein, man braucht ein Betäubungsgewehr im Auto und idealerweise auch noch eine großkalibrige Waffe, und man braucht vor allem eine zugelassene Raubtiertransportkiste: innen blechverkleidet, außen eisenbeschlagen, doppelt verschlossen und dreifach festgezurrt.
Natürlich braucht man auch einen Löwen, der freiwillig in die Kiste klettert. Hineinschieben kann man ihn nicht; Löwen fasst man nur ein einziges Mal an, sagen Löwenexperten, danach fasst man nie wieder etwas an.
Jörg Gräser, 48 Jahre alt, hat das Kistenklettern mit Matadi, 14 Jahre alt, geübt. Jeden Tag legte Gräser Löwenfutter in die Transportkiste, jeden Tag holte der Löwe sein Futter aus der Kiste. So auch an diesem Donnerstag, und zack war die Kiste zu. Knapp vier Stunden dauert die Fahrt von Leipzig nach Jaderberg, sagt das Navi.
Männlicher Löwe gesucht
In Jaderberg streicht derweil Löwin Zuri, zehn Jahre alt, unruhig durch ihre Box; manchmal knurrt sie. „Sie spürt, dass etwas anders ist“, sagt Christoph Thien, 32 Jahre alt. Sie durfte nicht so lange draußen im Gehege bleiben wie sonst, und dann ist da auch noch diese Unruhe: Radlader fahren auf und ab, Männer reißen Gitterteile aus dem Löwenzaun, und irgendwie sind alle fürchterlich aufgeregt. Weil Matadi kommt.
Matadi lebte allein im Leipziger Zoo, seit Löwin Luena im vergangenen Jahr gestorben war. Auch Zuri ist allein, vor einigen Monaten starben zuerst Löwe Tarson und dann Löwin Ryana. Löwen sind Rudeltiere, und deshalb schickte Bastian Lange, 38 Jahre alt, Zoologischer Leiter im „Jaderpark“, Tierarzt und Inhaber eines Tiertransportscheins, eine Rundmail an alle Zoos: Hilfe, wir suchen dringend einen männlichen Löwen! Der Zoo in Leipzig meldete sich; gemeinsam entschied man, Matadi und Zuri in Jaderberg zusammenzubringen. Geld floss keines.
Und da fährt auch schon der bunte „Jaderpark“-Transporter vor, außen Löwenbilder, innen ein echter Löwe. Den sieht man allerdings nicht, auch nicht, als die Türen aufgehen: Man sieht nur die braune Raubtiertransportkiste mit ihren zehn Luftlöchern, durch die keine Löwentatze passt. Und dann brüllt der unsichtbare Löwe plötzlich, und alle hüpfen schnell einen Schritt zurück.
So einen 200-Kilo-Löwen kann man nicht mit Halsband und Leine ins Gehege führen, das ist komplizierter. Der Radlader pfriemelt in Zeitlupe die Transportkiste aus dem Auto, fährt sie durch das Loch im Löwenzaun ins Gehege und fummelt sie dann millimetergenau vor die Luke zum sogenannten Vorgehege. Die Kiste wird festgezurrt, das Loch im Zaun gestopft, „alle raus hier!“, ruft jemand. Oben auf der Kiste sitzt ein Tierpfleger, er öffnet langsam den Schieber, und es passiert: nichts.
Minuten verstreichen. Dann schreitet Matadi stolz aus der Kiste, zack, Luke zu.
Pferdefleisch bevorzugt
Draußen steht Jörg Gräser, 14 Jahre hatte er sich in Leipzig um Matadi gekümmert. Er muss Christoph Thien und den anderen Jaderberger Pflegern noch einiges erzählen: dass Matadi am liebsten Pferdefleisch frisst (Zuri bevorzugt Rind), dass er gern dreimal die Woche gefüttert wird mit größeren Portionen (Zuri bekommt sechs kleinere Portionen), dass er auch mal ein Ei mag, aber keine Junghühner, „die sind ihm zu fusselig“.
Matadi sei ein wenig ungeduldig, warnt Gräser dann noch, „aber sonst ist er ein angenehmer Zeitgenosse“.
Ist er traurig, dass er sich von Matadi trennen muss? „Ich freue mich für ihn, dass er noch mal so eine schicke Löwin kriegt. Die sieht richtig gut aus“, findet Gräser. „Leider stehen die Löwinnen meistens ja auf die dunklen Typen, Matadi ist so ein Blondie.“ Naja, wird schon klappen, sagt Gräser.
Ganz genau wird man das freilich erst in einigen Tagen wissen, vielleicht auch erst nach Wochen. Löwen stellt man nicht einfach einander vor, nach dem Motto: Hallo Zuri, das ist der Matadi, seid nett zueinander. Löwen brauchen Zeit: Zunächst bleibt Matadi deshalb in der rechten Box und Zuri in der linken, zwischen ihnen als Puffer eine leere Box. Wenn es keinen Streit gibt, dürfen die beiden in die ebenfalls getrennten Vorgehege, „dann können sie sich schon mal riechen“, sagt Tierpfleger Christoph Thien. Wenn auch das gut läuft, lernen sich die beiden endlich persönlich kennen: im Freigehege. „Wir müssen gucken, wie die so drauf sind“, sagt Thien.
Auch Jörg Gräser will noch mal gucken, wie Matadi so drauf ist: am Freitagmorgen. Danach muss er eilig nach Leipzig zurück, denn abends kommt der Löwentransporter und bringt zwei Junglöwen.
Quelle vom Bericht mit kleiner Fotostrecke:
http://www.nwzonline.de/sport/loewe-mata...071.html?bild=1
und
Zoo Leipzig: Abschied von Löwenkater Matadi
Ich wünsche Matadi eine gute und schnelle Eingewöhnung sowie ein glücliches Händchen... äääähmmm Tatze bei der Eroberung von Zuris Herz.