RE: Artikel zum "Babykriegen" von Giovanna & Co

#16 von Ulli J , 13.08.2010 16:17

In Moskau liegt die Eisbärenanlage in einen sehr ruhigen Teil des Zoos, sie ist umgeben von Vogelvolieren und alle Raubtieranlagen sind möglichst weit entfernt. So versucht man das Umfeld der Bären möglichst ruhig zu gestalten, die Bärin soll möglichst keine Raubtiere riechen, damit sie sich sicher fühlt. Ähnlich ist es auch in Sankt Petersburg, wo auch sehr erfolgreich gezüchtet wird. Es gibt vermutlich Eisbären die weniger empfindlicher auf Keime reagieren, als andere. (Das ist ja auch bei der Anfälligkeit für die Hauterkrankung, die durch Milben verursacht wird so. Vitus hat in Karlsruhe schwer damit zu kämpfen, während die beiden mit ihm zusammenlebenden Bärinnen, Larissa und Nika keine Fellprobleme haben.) Oft wird in einer Einrichtung nur eine zeitlang mit einem bestimmten Zuchtpaar besonders erfolgreich gezüchtet, wie in Sankt Petersburg mit Uslada und Menschikov.

Die Gehegegröße hat definitiv keinen Einfluss auf den Zuchterfolg. In den Haltungen mit "schlechten" Gehegen wird erfolgreicher gezüchtet, als in denen mit guten Gehegen. Das liegt zum Teil daran, dass in den "guten" Anlagen, die Tiere noch zu jung oder zu alt sind. Fakt ist, dass ein großer Anteil der Jungtiere, die geboren werden, direkt nach der Geburt oder wenige Tage später stirbt. Das war schon immer so.

Ich denke nicht, dass die Tierpfleger früher unerfahrener waren als heute.

In Deutschland ist u. a. in Rostock erfolgreich gezüchtet worden, das hat aufgehört, weil der Zuchtbär Churchill unverträglich geworden ist und nicht mehr mit den Bärinnen zusammen gelassen werden kann. In Friedrichsfelde sind die Bärinnen zu alt geworden, damit war die erfolgreiche Zucht beendet und Köln hat die Eisbärenhaltung aufgegeben.

 
Ulli J
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RE: Artikel zum "Babykriegen" von Giovanna & Co

#17 von AdsBot [Google] ( gelöscht ) , 13.08.2010 17:22

Hallo zusammen.

Ich versuche mal verschiedene Fragen aus meiner Sicht zu beantworten.

Das in den letzten Jahren in Europa so wenig Eisbärenjungtiere geboren wurden hat vielfältige Gründe.

1. Sicher ist ein Grund, dass in den letzten 20 – 30 Jahren die Eisbärenhaltungen stark reduziert wurden. Es wurden ca. 30 Haltungen geschlossen.
2. Die Verteilung spielt auch eine starke Rolle. Zurzeit sind mir 56 Haltungen in Europa bekannt. Von diesen 56 Haltungen gibt es in 24 Haltungen Paare, die junge bekommen können. In den anderen Haltungen gibt es Einzelbären, zu junge oder zu alte Bären (siehe Rostock oder Gelsenkirchen oder Berlin). Dazu spielt sicher noch die Verträglichkeit der Bären eine Rolle (bei Menschen übrigens auch). Es gibt Haltungen das stimmt von der Infrastruktur und den Bären alles, trotzdem klappt es nicht (Karlsruhe).
3. Meines Erachtens muss eine Geburtshöhle mehrere Anforderungen erfüllen, wobei die absolute Ruhe das wichtigste ist. Dazu gehört, dass die Geburtshöhle kalt ist, denn dadurch werden Keime und sonstige Erreger getötet oder reduziert. Ein Eisbär hat gegen bestimmte Keime und Erreger keine Abwehrmittel, weil es die nicht in seiner Freiheit gibt. Dass die Geburtshöhle dunkel sein soll, kann vorausgesetzt werden. Dann habe ich die Natur nachgebildet.

Die Luftverschmutzung hat direkt nichts mit dem Aufzuchtvorgang zu tun. Die Gehegegröße auch nichts, denn wenn das Jungtier auf das Gehege kommt ist das schlimmste überstanden. Es kommt auf die Geburtshöhle an. Klar kann man die Geburtshöhle vorher reinigen, aber bedenkt bitte das das Muttertier die „Gäste“ im oder am Körper mitbringt.

Der Staatszirkus der DDR hat keine eigenen Eisbärenjunge bekommen, sie kamen grundsätzlich von außerhalb. Alle männlichen Eisbären waren kastriert.

Ich denke nicht, dass die Tierpfleger früher unerfahrener waren als heute.

Nur ein paar Zahlen: Zwischen 1984 und 1994 sind 304 Jungtiere in 191 Würfen geboren worden. Ca 30% der nicht überlebenden Jungtiere starb innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Geburt. Weitere 50% starben in der ersten Woche.

Hieran könnt ihr sehen, dass sich das wesentliche in der Geburtshöhle und in der ersten Woche abspielt.

Die Verteilung der Bären geändert werden muss. So könnten über 40 Zuchtgruppen gebildet werden. Die neuen Anlagen der letzten Jahren sind nach o.a. Erkenntnisse ausgebaut, haben aber nicht die „richtigen“ Bären.

Ich bin aber davon überzeugt, dass sich das mittelfristig ändern wird und wir wieder mehr Jugngtiere haben werden. Hier bei uns könnten dieses Jahr in 5 Haltungen Junge geben. Warten wir es ab.

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RE: Artikel zum "Babykriegen" von Giovanna & Co

#18 von AdsBot [Google] ( gelöscht ) , 13.08.2010 18:42

Ulli J.
Duerener


Ich danke Euch sehr für diese Ausführungen. Ich bin ein Stück schlauer geworden.

Zitat
Ich denke nicht, dass die Tierpfleger früher unerfahrener waren als heute.



Ich wollte Tierpfleger nicht beleidigen. Ich denke nur, dass die Zoos heute weltweit mehr zusammenarbeiten und Erfahrungen austauschen, was vor 20-40 Jahren noch nicht möglich war.

Conny

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RE: Artikel zum "Babykriegen" von Giovanna & Co

#19 von AdsBot [Google] ( gelöscht ) , 13.08.2010 19:07

Ich glaube das in den Zoos und Tierparks schon immer ein reger Meinungsaustausch auf der Arbeitsebene stattgefunden hat. Wie in jedem Betrieb oder Behörde auch. Ist aber heute bestimmt durch die Technik einfacher geworden.

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