ZitatAm Freitagmorgen war es so weit: Die beiden Tigerkinder Alisha und Dragan sind umgezogen. Ihr neues Zuhause ist der Berliner Tierpark. Sie wurden in Boxen in einen Sprinter verladen und in die Hauptstadt gefahren. Eine Narkose war bei den neugierigen Tieren nicht nötig.
Tigerjunge Dragan wartet schon im Gang des Käfigs. Neben ihm, in einem abgetrennten Bereich, steht das zierlichere Tigermädchen Alisha. Die beiden Sibirischen Tiger ziehen um. Es geht in den Berliner Tierpark, Alishas Geburtsstätte. Am 10. März kam das Tigermädchen nach Eberswalde. "Alisha war damals noch mickriger als unser Dragan", erzählt Zoodirektor Bernd Hensch. "Sie hatte beide Geschwister verloren und wurde von ihrer Mutter verstoßen."
Auch Dragan hatte keinen leichten Start ins Leben. Nachdem seine Mutter ihn verstoßen hatte, kämpfte der im Oktober Geborene zwei Wochen um sein Leben. Zu Anfang wurden die beiden Tigerkinder nur unter Aufsicht eines Pflegers für ein paar Stunden zusammengebracht. Recht schnell verstanden sie sich gut, spielten und kuschelten miteinander.
Am Freitag stand der Umzug der Jungtiere an. Einzeln wurden sie in Transportboxen geladen. "Andere Zoos narkotisieren die Tiere vor dem Verladen, um ihnen eine stressfreie Fahrt zu ermöglichen", erzählt Hensch. "Das machen wir aber nicht, weil die Tiere genug Vertrauen in die Pfleger haben, dass wir ihnen nichts Böses tun und sie neugierig sind." Die Tiger wurden allerdings am Abend vor der großen Reise nicht mehr gefüttert, damit sie sich während der Fahrt nicht übergeben müssen. Zur Gewöhnung standen die Boxen schon seit ein paar Tagen im Käfig.
Den Anfang machte Dragan. Der neugierige Tiger lief auf und ab, bis die Trennwand zur Box geöffnet wurde und er voller Elan darin verschwand. Dann brauchte es die Kraft von drei Pflegern und dem Zoodirektor, die 150 Kilogramm-Kiste in den Sprinter zu verladen. Dabei ist die Kiste das Schwerste: Ohne Inhalt wiegt sie 100 Kilogramm. Dragan gerade mal 55 Kilogramm.
Auch Paulina Ostrowska, die Leiterin der Zoo-Schule, ist zur Verabschiedung gekommen. "Mir wird auf jeden Fall etwas fehlen. Mit den Tieren war immer etwas los."
Als Nächstes soll Alisha in die Transportbox. Im Vergleich zu ihrem neugierigen Gefährten ist sie schüchtern und beschnuppert die Kiste ausgiebig. Bei jedem Geräusch schreckt sie zurück. Einige Minuten dauert es, bis das 25-Kilogramm-Weibchen in der Box verschwunden ist. Auch sie wird verladen, direkt neben Dragans Box gestellt. Um den Stress für die Tiere während der Fahrt zu vermeiden, können sich die beiden riechen und hören. Nach etwa 15 Minuten ist alles bereit für die einstündige Fahrt nach Berlin-Friedrichsfelde. Am Wochenende können sich die beiden dort eingewöhnen. Am Montag können die Tierpark-Gäste sie besuchen.
Der Ziehvater, Tierpfleger Uwe Fanke, fährt im Transporter mit. "Natürlich baut man zu jedem Tier eine Beziehung auf, aber man weiß ja vorher, dass es nur für eine begrenzte Zeit ist."
Etwas emotionaler ist der Abschied für die Tierpflegerin Leona Klöppel. "Es sind meine ersten Tigerbabys gewesen", erzählt die 21-Jährige. "Dragan wollte am Anfang nicht aus der Flasche trinken, da habe ich die Milch über meinen Finger laufen lassen, damit er etwas trinkt." Leona hat viel Fürsorge und auch private Zeit für die Tiere investiert. "Ich werde sicherlich bald nach Berlin fahren, um mir anzusehen, wie sich die Tiere entwickeln", sagt Leona Klöppel. "Bestimmt schon nächste Woche, wenn ich frei habe."
