Über die Probleme heutiger Zoodirektoren Von Christine Meffert / ZEITMAGAZIN Nr. 27/2015 6. Juli 2015
Zitat Es ist alles nicht so einfach. Selbst der handfeste Beruf des Zoodirektors erfordert heutzutage größte Sensibilität. Erinnern Sie sich noch an den Fall der Giraffe Marius, die im Kopenhagener Zoo getötet und an Raubtiere verfüttert wurde? Kommentatoren auf der ganzen Welt kritisierten den Zoodirektor, er erhielt Morddrohungen, es gab eine Online-Petition für die Schließung des Zoos.
Auch der ehemalige Direktor des Berliner Zoos war nicht gerade beliebt. Er akzeptierte nicht, dass sich der Geist der Zeit gewandelt hatte, dass viele Menschen sich einen menschlicheren Umgang mit Tieren wünschen. Noch bei seinem letzten Auftritt verkündete er, Tierrechte gebe es nicht.
Der Neue, Andreas Knieriem, steht unter scharfer Beobachtung: Wird er es besser machen als der Alte? Jetzt wurde er auf die Probe gestellt. Es ging um Tosca, die Mutter eines der berühmtesten Tiere der Welt, des Eisbären Knut. Eigentlich hat sie sich um ihren Sohn nicht besonders verdient gemacht: Gleich nach der Geburt verstieß sie ihn, er wurde von einem Tierpfleger aufgezogen. Der Pfleger und der süße Bär purzelten durchs Tiergehege, dass es eine Freude war. Und gerade weil Knut so niedlich war, erhielt er eine sehr ernste Rolle: die des Mahners angesichts der Umweltzerstörung. Weltweit zierte er die Titelseiten, unter anderem die von Vanity Fair, gemeinsam mit Leonardo DiCaprio, der sich im Kampf gegen die Klimaerwärmung engagiert. Es waren die Jahre des Eisbären.
Sie währten nicht lange. Knut wurde keine fünf Jahre alt. Er starb 2011 vor den Augen der Zoobesucher, vermutlich an den Folgen einer Hirnhautentzündung. Es ist eine traurige Geschichte.
Nun also Knuts leibliche Mutter: Alt, blind, taub, vegetierte sie im Berliner Zoo dahin. Und war mit ihren knapp 30 Jahren an der Obergrenze der Eisbärenlebenserwartung angekommen. Eigentlich Zeit für ein gnädiges Eingreifen des Tierarztes, aber Andreas Knieriem weiß, wie schnell man als Zoodirektor heutzutage als herzloser Schlächter verschrien ist. Und so tat er etwas sehr Kluges: Da man bei den eigenen Tieren immer "befangen" sei, wie er mitteilte, bildete er eine "Ethikkommission" aus externen Fachtierärzten, Tierschutzbeauftragten und den zuständigen Tierpflegern. Ein genialer Schachzug der präventiven Deeskalation: Schon allein das Wort "Ethikkommission" signalisiert einen menschlichen Umgang mit dem Tier. Vergangene Woche wurde Tosca eingeschläfert. Bisher gab es keine Proteste.