Die armen Tiere können einem aber sehr leid tun! Es gibt ja nicht nur die Haustiere, sondern all die Wildtiere. Und es wird ja nicht nur zu einer kurzen Zeit zu Silvester geknallert. Mindestens ein oder sogar zwei Tage im voraus - so gut wie durchegehend bis Silvester vorbei ist...
Warum sich Tiere Silvester fürchten
Von Michel Winde / 31.12.2016, 03:01 Uhr
Zitat
Für Hund oder Katze ist der Jahreswechsel Stress. Was Experten den Haltern raten
Nelly hasste Treppenstufen. Beharrlich weigerte sie sich, den Weg in Obergeschoss oder Keller zurückzulegen – nicht einmal Leckerlis konnten sie dazu bewegen, die glatten Holzstufen zu betreten. Bis Silvester kam – und der Hund plötzlich wie von Sinnen über die Treppe hinauf ins elterliche Schlafzimmer flüchtete, wo er sich im Bett verkroch. Als Jagdhund war Nelly eigentlich schussfest – doch irgendetwas an diesem Abend ging ihr gegen den Strich.
Es sei nicht ungewöhnlich, dass Haustiere auf Raketen, Böller und anderes Feuerwerk ängstlich, mit Verhaltensänderungen bis hin zu körperlichen Symptomen reagieren, erklärt Tierärztin Astrid Behr vom Bundesverband praktizierender Tierärzte. Einige haben zeitlebens Probleme mit Silvester und geraten auch bei jedem Gewitter in Panik, sodass ihre Besitzer schon darauf eingestellt sind.
Hecheln, Zittern, Jaulen oder untypische Aggressivität
Doch auch vermeintlich robuste Naturen, die Lichteffekte und Lärm jahrelang stoisch hingenommen haben, können plötzlich Furcht entwickeln. Diese äußere sich auf verschiedene Arten, so Behr: Dazu können Nahrungsverweigerung oder auch Symptome wie Erbrechen und Durchfall gehören. Hunde zeigen ihre Angst zudem etwa mit pausenlosem Hecheln oder Zittern, Jaulen, Knurren oder hysterischem Bellen sowie untypischer Aggressivität; bei Katzen lassen sich beispielsweise geweitete Pupillen beobachten, ein verstärktes Putzverhalten, vermehrtes Fauchen, Kratzen und Harnmarkieren.
Dass man Haustiere, die sich ängstigen, zu Silvester nicht allein lässt, versteht sich von selbst. Außerdem sollten Halter darauf verzichten, Tischfeuerwerk in der Wohnung abzubrennen. Grundsätzlich ist oft schon viel gewonnen, wenn die Besitzer dafür sorgen, dass Hund und Katze so wenig wie möglich vom Silvesterspektakel mitbekommen. Das bedeutet im Einzelnen: Spaziergänge weit vor beziehungsweise nach Mitternacht machen und möglichst kurz halten. Dabei bleiben Hunde am besten angeleint, auch wenn sie sonst frei laufen, rät Tierärztin Behr. Denn gerade in Städten, wo mancherorts schon mittags die ersten Raketen in die Luft gehen, besteht die Gefahr, dass der Hund sich erschreckt, in Panik gerät und wegläuft. Freigänger-Katzen sollte man an besagtem Tag und in der Nacht gar nicht vor die Tür lassen, sagt Astrid Behr, "auch wenn sie das nicht gerade freuen wird".
Wenn vorhanden, könnten zudem Rollläden oder Gardinen in der Wohnung geschlossen werden, empfiehlt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund. Denn es sind nicht nur die Geräusche, die ein Tier verschrecken können, sondern auch die Lichteffekte. Hinzu kommt der Geruch: "Hunde haben einen mindestens 200-fach besseren Geruchssinn als Menschen", sagt Astrid Behr. Sie nehmen den Brandgeruch der Raketen und Knallkörper also sehr stark wahr.
Wie stark Hund oder Katze auf die ungewohnten Silvestergeräusche reagieren, kann teilweise von der Rasse abhängen, sagt Behr. So seien Hütehunde, etwa Collies, schon von Natur aus besonders sensibel. Zudem hat die Sozialisierung eines Tieres großen Einfluss darauf, unter welchen Umständen es sich fürchtet: "Wächst es in völlig geräuscharmer Umgebung auf, kann vieles, was es erst später kennenlernt, ihm Angst einjagen." Umso wichtiger sei die Konfrontation mit vielen Reizen speziell in den ersten sieben Lebenswochen: Dazu zählen auch Geräusche von unterschiedlicher Qualität und Lautstärke. Oft haben Halter darauf aber keinen Einfluss – kommen Hund oder Katze vom Züchter, ziehen sie meist erst nach einigen Lebensmonaten bei ihrem Besitzer ein.
Doch nicht nur die Sozialisierung in den ersten Wochen, auch das Verhalten des Haustierbesitzers in kritischen Situationen, wie in der Silvesternacht, ist von Bedeutung: Einem jammernden Haustier dürfe dann nicht zu viel Aufmerksamkeit geschenkt werden, sagt Astrid Behr. "Denn das verstehen Tiere als Lob, was sie wiederum in ihrem Verhalten bestärkt." Wirken die Besitzer selbst hektisch oder verunsichert angesichts der tierischen Klagelaute, verängstige das ihr Tier umso mehr, erklärt Lea Schmitz. "Man sollte selbst möglichst ruhig bleiben – Hunde orientieren sich sehr stark am Verhalten ihrer Bezugsperson." Wenn der Besitzer ihn also übermäßig bedaure, könne der Hund den Eindruck bekommen: "Hier stimmt was nicht."
Es gilt also, die richtige Balance zwischen liebevoller Aufmerksamkeit und unaufgeregter Zurückhaltung zu finden. Dabei hilft Routine: Wer regelmäßig abends auf der Couch fernsieht oder Musik hört – der kann auch jetzt Fernseher oder Radio einschalten, um eine gewohnte Geräuschkulisse zu schaffen. Im Übrigen sollte man sein Tier zwar im Blick behalten, aber ihm auch Rückzugsmöglichkeiten bieten. "Manche Tiere suchen Nähe, wenn sie sich fürchten, andere verkriechen sich lieber", sagt Lea Schmitz. "Man sollte sie dann nicht rauslocken, sondern in Ruhe lassen."
Nur in Ausnahmefällen, und wenn das Haustier wirklich leidet, dürfe auf medikamentöse Unterstützung zurückgegriffen werden, sagen die Expertinnen. Dies sollte immer Rücksprache mit einem Tierarzt geschehen. Insbesondere bei Haustieren, die auch in anderen Situationen sehr furchtsam reagieren, könnten auf lange Sicht verhaltenstherapeutische Maßnahmen helfen, sagt Astrid Behr.
Bei Nelly waren Medikamente und Therapie übrigens unnötig: Sie verkroch sich am Silvesterabend stundenlang – und war am nächsten Tag wieder der ruhige Jagdhund wie immer.
Quelle vom Bericht:
http://www.morgenpost.de/web-wissen/arti...-fuerchten.html
N.