Gerettet vor zu viel Mutterliebe Simon Rayß / 09.07.2017 / 08:00 Uhr
ZitatJunge Eltern übertreiben es manchmal mit ihrer Zuneigung. Das ist im Tierreich nicht anders. Besonders, wenn das Muttertier gerade einmal zwei Jahre alt ist wie im Fall der jungen Serval-Dame aus dem Eberswalder Zoo. Für ihren Nachwuchs hat das lebensgefährliche Formen angenommen.
Die kleine, feingliedrige Raubkatze mit den charakteristischen großen Ohren hat vor vier Wochen ihren ersten Nachwuchs zur Welt gebracht - ein Weibchen und ein Männchen. Die Geburt lief gut, wie Tierpfleger Uwe Fanke berichtet: "Bei uns gab es keine Veranlassung einzugreifen."
Doch das ändert sich schon bald, als das die Mutter einfach nicht aufhören will, die Kleinen zu umsorgen. "Sie hat die Jungtiere durch einen übermäßigen Pflegetrieb besonders stark geputzt", formuliert es Uwe Fanke. Direktor Bernd Hensch ergänzt: "Sie hat angefangen zu lecken, zu lecken, zu lecken." Das sei beim ersten Wurf häufig ein Problem. "Ich bin überzeugt, beim nächsten Mal geht alles gut."
Doch diesmal kann das Zoo-Team nicht länger zusehen. Als die Jungtiere nach zwei Wochen am Hals und an den Pfoten wundgeleckt sind, müssen die Pfleger handeln und den Nachwuchs von ihrer Mutter trennen. "Wir nehmen Tiere nicht einfach so raus", erklärt Hensch. Das sei die letzte Option.
Zumal die beiden Kleinen zu diesem Zeitpunkt schon an die Muttermilch gewöhnt sind. "Nach zwei Wochen ist es schwierig, auf die Flasche umzustellen", sagt Uwe Fanke. "Es ging aber alles gut."
Wie die Aufzucht des Nachwuchses eigentlich funktioniert, demonstriert im Zoo derweil eine ältere Serval-Dame, die ihrerseits vor zwei Jahren das übereifrige Muttertier zur Welt gebracht hat. Bereits am 30. Mai hat sie diesmal einen kleinen Kater geworfen. "Die alte Katze ist so souverän", schwärmt Fanke.
Das Tier ist 2004 im Berliner Tierpark geboren worden und nun schon fast eine Dekade in Eberswalde zu Hause. Ihren aktuellen Partner lernte sie vor zwei Jahren kennen, als der Zoo ein im polnischen Kraków/Krakau geborenes Männchen dazugeholt hat. "Das hat auch gleich geklappt", sagt Bernd Hensch. Zumindest mit dem älteren Weibchen. Die Zusammenführung mit dessen Tochter gestaltete sich zunächst schwieriger. Doch nun ist das Männchen innerhalb von zehn Tagen gleich dreifach Vater geworden.
Dass die Raubkatzen, die eigentlich in der afrikanischen Savanne zu Hause sind, in Eberswalde Nachwuchs bekommen, ist keine Seltenheit. "Seit Mitte der 90er-Jahre züchten wir Servale", sagt Hensch. Auch wenn die Tierart noch nicht akut vom Aussterben bedroht ist, sieht ihre Zukunft alles andere als rosig aus. Uwe Fanke zufolge sind Servale selbst in Zoos mittlerweile recht selten anzutreffen.
In Eberswalde ist das anders. Da sind im verglasten Gebäude hinter der Löwenanlage derzeit mal die ältere Serval-Mutter und ihr Nachwuchs zu sehen, dann wieder die zwei Jungtiere, die der Pfleger derzeit mit der Flasche aufzieht. "Abends nehm' ich sie mit nach Hause", erklärt Fanke. "Ich habe drei Hunde, die sich bestens um sie kümmern", sagt er und lacht.
Gleichzeitig laufen Überlegungen, die drei Jungtiere auch gemeinsam in einem Gehege zu zeigen. Allerdings nur vorübergehend: Die Geschwister sollen in der Perspektive eine neue Heimat bekommen. "Wir haben drei Servale, das reicht auch", sagt Uwe Fanke.