Tierpark hat Probleme mit manchen Gästen vom 31. August 2017 / 12.15 Uhr / von Rolf Ziehm
Zitat„Erlebnis-Besucher“ verlangen Action. Das Zoo-Team reagiert
Wie weit kann ich springen? Tierpark-Chefin Verena Kaspari harkt die Grube, in der Kinder und Erwachsene ihr Sprungkraft mit Hase, Fuchs oder Wildschwein vergleichen können. Foto: Lipovsek
Die Kinder machen sich ganz offensichtlich gar keine Gedanken. Fröhlich und laut jagen sie mehrere freilaufende Hennen über die Wege des Tierparks. Verängstigt und sehr aufgeregt laufen die Vögel umher, suchen Schutz. Tierpark-Chefin Verena Kaspari schreitet energisch ein. „Wie könnt ihr sowas machen? Die Tiere haben doch Angst!“, maßregelt sie die Jungs und Mädchen. Da kommen die Eltern ins Spiel. „Hören Sie auf, unsere Kinder anzuschreien. Wer sind Sie denn, dass Sie sich das erlauben?“ Szenen wie diese gibt es immer öfter im Tierpark.
„Die Mentalität in der Gesellschaft ändert sich. Die Leute sagen, sie zahlen ja Eintritt, dann wollen sie auch was erleben“, sagt Verena Kaspari. Zeiten, in denen es reichte, einem dösenden Eisbären durch die Scheibe oder Ziegen beim Grasen zuzuschauen, seien längst vorbei. „Die Besucher wollen die Tiere ständig in Aktion sehen, möglichst anfassen und selbst agieren“, sagt Verena Kaspari. Bekämen sie das nicht, würden manche pampig, teils sogar aggressiv.
Einige überschreiten dabei Grenzen. Selfies mit den Berberaffen, Steinwürfe nach kleinen Pinguinen, damit sie sich bewegen, oder das Betreten von gekennzeichneten Ruhezonen gehören leider zum Alltag. Ein Vater brach vor kurzem einem Ziegenbock das Genick, weil er seinem Sohn zeigen wollte, wie man auf dem Tier Motorrad fährt. Ein Hausverbot handelte sich eine Familie ein, die offenbar zum wiederholten Mal mitgebrachte Salami an die Waschbären verfütterte. Verena Kaspari gab ihnen ihr Geld mit den Worten zurück: „Wir freuen uns über jeden Besucher und sind darauf angewiesen. Aber die Tierarztrechnung hinterher ist höher als Ihr Eintritt.“ Man sei dankbar für Futterspenden, dafür gebe es aber spezielle Tonnen am Eingang. Auf dem Gelände ist ausdrücklich nur das hauseigene Wildfutter erlaubt.
Doch die Diplom-Biologin meckert nicht nur, sie handelt, reagiert auf den Erlebnis-Hunger der Gäste. Ob der neue Hunde-Agility-Parcours, die Tierpfleger-Ausrüstung auf der Streichelwiese, die Kratzbürste bei den Schweinen Kalle und Borsti, die sehr gut angenommene Sprunggrube oder der neue Walderlebnispfad mit interaktiven Elementen, der demnächst eröffnet werden soll: An immer mehr Stellen bietet der Tierpark den Besuchern Möglichkeiten, sich selbst zu betätigen. Die Tiere bekommen zudem mehr Beschäftigungsmöglichkeiten, damit sie sich öfter und agiler zeigen. Ganz nebenbei sollen vor allem die Kinder auch noch etwas lernen. Verena Kaspari: „Ich möchte erreichen, dass alle Tiere und Besucher hier einen stressfreien und sicheren Aufenthalt haben.“