Die Giraffen kehren in den Zoo zurück von Adi Kälin / 03.10.2017, 05:30 Uhr
ZitatDer Zürcher Zoo hatte wenig Glück mit seinen Giraffen. 1949 erschütterte die Giraffenaffäre die Stadt, sieben Jahre später starb das letzte Tier. Nun kehren die Giraffen zurück – in eine Anlage, die die grösste des Zoos sein wird.
So soll die geplante Lewa-Savanne im Zürcher Zoo aussehen. Besucher können die Tiere beim Wasserloch beobachten. (Bild: Gary Brown, Zoo Zürich)
Die Zoos fragen die Besucherinnen und Besucher manchmal nach ihren Lieblingstieren. Natürlich landen dann Elefantenbabys und Erdmännchen ganz oben auf der Rangliste. Die Giraffen folgen aber meist kurz danach. Umso erstaunlicher eigentlich, dass der Zürcher Zo0 seit mehr als sechzig Jahren keine Giraffen mehr besitzt. Mit der neuen Lewa-Savannen-Anlage wird dies nun korrigiert: Auf 40 000 Quadratmetern werden sich ab 2020 Giraffen, Breitmaulnashörner, Zebras und viele andere afrikanische Tiere bewegen.
Wieder «ein richtiger Zoo»
Giraffen gehörten einfach in einen «richtigen Zoo», sagte Martin Naville, der Verwaltungsratspräsident des Zoos Zürich, beim offiziellen Baustart für die Savannen-Anlage. Das hatte schon die Generalversammlung im Jahr 1957 so empfunden und sich mit grosser Mehrheit für die Anschaffung neuer Giraffen ausgesprochen. Der neue Direktor, Heini Hediger, weigerte sich aber «strikte, im bisherigen Giraffenstall weiter Giraffen zu halten», wie man der NZZ entnehmen konnte. Auch die Idee, im neuen Afrikahaus Giraffen statt Flusspferde zu halten, zerschlug sich.
Hediger hatte allerdings auch gute Gründe, auf die Haltung von Giraffen zu verzichten: In den Jahren zuvor waren nämlich verschiedentlich Tiere nach kurzer Zeit gestorben. Zwei Giraffen, die 1952 neu angekommen waren, seien «nach kurzer Zeit an mitgebrachten Parasiten gestorben», und auch die letzte Zürcher Giraffe lebte nicht sehr viel länger. Am 1. März 1956 sei diese «völlig unerwartet tot zusammengebrochen».
Für einiges Aufsehen - und ein langjähriges gerichtliches Nachspiel – hatte schon sieben Jahre zuvor die sogenannte Giraffenaffäre gesorgt. Die italienischen Behörden hatten sich geweigert, das Schiff, auf dem sich zwei Giraffen, mehrere Antilopen und Gnus für den Zürcher Zoo befanden, landen zu lassen, weil die Einfuhrbewilligung der Schweiz fehlte. Gleich entschieden die Franzosen, als das Schiff vor Marseille lag. Und als sich das Spiel vor Amsterdam wiederholte, gab der Kapitän den Befehl, die Tiere zu töten und ins Meer zu werfen. Der Zoo machte die eidgenössischen Veterinärbehörden verantwortlich, doch die Schadenersatzklage hatte vor Gericht keine Chance.
Nach dem Tod der letzten Giraffe teilte die NZZ mit, dass sich die Zooleitung bemühen werde, «baldmöglichst wieder Giraffen anzuschaffen». Dies soll allerdings erst geschehen, «wenn der Garten für die Haltung dieser kostbaren Tiere richtig eingerichtet ist». Die Zooleitung hat sich Zeit gelassen, doch jetzt kommt die Giraffe im Rahmen eines weiteren «Schlüsselprojekts» nach Zürich zurück, wie der Zoodirektor Alex Rübel am Montag vor den Medien sagte.
Flächenmässig wird die neue Lewa-Savanne die grösste Anlage werden, kosten dürfte sie etwa so viel wie die 2003 fertiggestellte Masoala-Halle oder das 2014 eröffnete Elefantenhaus. Die Kosten beliefen sich dort auf 52 beziehungsweise 57 Millionen Franken. Der Zoo startet, wie bereits bei der Elefantenanlage, eine grosse öffentliche Sammelaktion, um das nötige Geld zusammenzubringen.
Schutz von Nashörnern
Im Jahr 1991 hat der Zoo in einem Masterplan die Ausbau- und Umwandlungsschritte vorgegeben, die seither in raschem Tempo umgesetzt wurden. Nächstes Jahr wird die neue Australienanlage eröffnet, die rund um das ehemalige Afrikahaus entsteht. Nach der Eröffnung der Savanne folgt als eines der nächsten Projekte der Bau des Menschenaffenhauses für Gorillas und Orang-Utans. Wie immer bei grösseren Anlagen verbindet der Zürcher Zoo auch diesmal den Ausbauschritt mit einer Partnerschaft: Bei der Savannen-Anlage arbeitet der Zoo mit dem Naturschutzprojekt Lewa in Kenya zusammen und unterstützt etwa dessen Bemühungen zum Schutz der Nashörner.
Zentraler Bau der neuen Lewa-Savanne wird das Giraffenhaus sein, das in unmittelbarer Nachbarschaft zur Elefantenanlage entstehen soll. Dank einer Terrasse wird es den Besucherinnen und Besuchern ermöglicht, sich den Giraffen gewissermassen Auge in Auge zu nähern. Ein Stockwerk tiefer kann man die Breitmaulnashörner beobachten.
Vom Giraffenhaus führt ein gedeckter Steg in die Anlage hinein, von der aus man die Tiere aus der Nähe beobachten kann. Abends dürfte der Beobachtungsstandort beim Wasserloch einen guten Blick auf Antilopen oder Zebras ermöglichen. Der Weg führt schliesslich zu einer Felsanlage, in der unter anderem Hyänen leben. Für Planung und Ausführung stehen die Büros Vetschpartner Landschaftsarchitekten und L3P Architekten. Geleitet wird der Bau von Andreas Hohl, dem stellvertretenden Direktor des Zoos.