Der Neue im Zoo hat besondere Vorlieben Dezember 2017 / Zoo Heidelberg
ZitatZoo Heidelberg beteiligt sich an Erhaltungszucht für Sifakas
„Daholo“ liebt es, es sich in seiner Hängematte bequem zu machen. Foto: Zoo de Mulhouse Michel Foos
n den letzten Monaten konnten die Zoobesucher die Umgestaltung der Innengehege im Affenhaus des Zoo Heidelberg gut beobachten. Da tat sich einiges. Wände wurden bemalt und große Baumstämme aufgebaut. Jetzt war es soweit: Am 30. November 2017 zog ein männlicher Kronensifaka aus dem Zoo Mulhouse im Affenrevier ein. Der Neuankömmling kann sich zunächst hinter den Kulissen eingewöhnen, bevor er ins frisch eingerichtete Innengehege ziehen wird.
Nur wenige Zoos in Europa sind für die Haltung von Sifakas zugelassen. Im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) wählen die Zuchtbuchführer sehr sorgsam geeignete Zoos für neue Haltungen aus. Europaweit werden nur in weiteren sechs Zoos Sifakas gehalten. Neben Besançon (F), Paris (F), Apeldoorn (NL), Burford (UK), Belfast (UK) und Mulhouse (F) wurde der Zoo Heidelberg aufgrund seiner Erfahrungen in der Haltung von Primaten und Lemuren als einziger Zoo in Deutschland ausgewählt.
Der 2009 im Zoo Apenheul in Apeldoorn (NL) geborene Sifaka „Daholo“ lebte seit 2015 in Frankreich. Sein Umzug in den Zoo Heidelberg wurde intensiv vorbereitet. Eine Tierpflegerin aus Heidelberg reiste für ein mehrtägiges Training in den Zoo nach Apeldoorn, um die anspruchsvolle Haltung der Sifakas kennenzulernen und sich in die Methodik einzuarbeiten. Auch die Kuratorin des Zoo Heidelbergs, Sandra Reichler besuchte schon einige Woche vor der geplanten Ankunft des Tieres den Zoo Mulhouse. Sie informierte sich über die besonderen Eigenarten des Tieres, seine bisherige Haltung und seine individuellen Nahrungsgewohnheiten. Da ein Hauptteil seiner Nahrung aus frischen Blättern besteht, galt es bereits im Sommer das saftige Grün der Blätter zu konservieren. Um dem Neuzugang die bevorzugte Nahrung auch im Winter frisch anbieten zu können, wurden eigens für den Sifaka bereits kiloweise Blätter geerntet und eingefroren. Ebenso wurde ein Innenbereich im Affenhaus für den Neuzugang vorbereitet. Nach den ersten Tagen, während derer sich „Daholo“ zunächst noch hinter den Kulissen an die neuen Zootierpfleger und das neue Terrain gewöhnen wird, wird er in dem Innengehege zu sehen sein. Direkt angrenzend befindet sich dort das Gehege seiner künftigen Mitbewohner, die Kattas. „Daholo“ lebte bereits mit anderen Lemuren zusammen und wird später mit den beiden Kattas auch das neugebaute Außengehege, das aktuell errichtet wird, bewohnen.
Sifakas zählen zu der Gruppe der Lemuren. Die Halbaffen sind ausschließlich auf Madagaskar beheimatet, wo sie vorwiegend in den Trockenwäldern im nordwestlichen Teil der Insel leben. Wie viele der dort vorkommenden einzigartigen Tier- und Pflanzenarten stehen auch die Sifakas auf der Liste der bedrohten Tierarten der IUCN. Die Zerstörung ihres Lebensraums lässt die Anzahl der im Freiland lebenden Individuen konstant stark sinken. In den letzten 30 Jahren wurde ein Rückgang von 50 % verzeichnet. Gemeinsam mit den anderen sechs europäischen Zoos, die sich an dem EEP beteiligen, unterstützt der Zoo Heidelberg seit einigen Jahren ein spezielles Artenschutzprojekt für die Kronensifakas auf Madagaskar. Die Besonderheit des Sifaka Conservation-Projekts liegt im Populationsmanagement: Es wird eine Gesamtpopulation bestehend aus aktuell 20 Sifakas in Zoobeständen und weiteren neun Sifakas in einem Freilandgebiet als gemeinsame Zuchtgruppe betreut. D. h. es soll nicht nur ein Austausch unter den sieben beteiligten Zoos erfolgen, sondern es sollen auch Tiere aus dem Freiland in den Austauschprozess integriert werden, um die notwendige genetische Vielfalt sowohl in den Zoos als auch der im Freiland lebenden Sifakas zu erhalten.
Typisch für Sifaka ist die aufrechte Art der Fortbewegung. Die tagaktiven Baumbewohner bewegen sich senkrecht kletternd und springend von Ast zu Ast fort und können dabei Distanzen von bis zu zehn Metern zwischen den Bäumen zurücklegen. Auch am Boden sind die Lemuren meist auf zwei Beinen hüpfend unterwegs und strecken zur Balance, scheinbar tänzelnd die Arme nach oben. Wie die Kattas, verbringen sie einen Großteil des Tages mit Sonnenbaden, Ruhephasen und sozialer Interaktion. Der Name Sifaka leitet sich übrigens von ihrem Alarmruf „Si-fak“ ab. Kronensifakas galten lange Zeit als Unterart des Larvensifakas, wurden inzwischen jedoch als eigene Primatenart anerkannt.
Neue Männer-WG im Heidelberger Zoo 27.01.2018 / 06:00 Uhr / von Timo Teufert
ZitatIm Menschenaffenhaus lebt der Sifaka "Daholo" jetzt mit zwei Kattas zusammen - Erster Zoo in Deutschland mit Sifaka-Haltung
Ricarda Neumann, stellvertretende Revierleiterin im Menschenaffenhaus, mit dem neuen Bewohner, dem Kronen-Sifaka "Daholo". Foto: Philipp Rothe
Daholo bewohnt zusammen mit zwei Kattas einen Teil des ehemaligen Orang-Utan-Geheges. Foto: Philipp Rothe
Mit Männer-Wohngemeinschaften kennt man sich im Heidelberger Zoo aus: Nach den Elefanten wurde jetzt auch im Menschenaffenhaus eine solche WG gegründet. Die beiden Kattas "Rambo" und "Batu" teilen sich seit einiger Zeit ihr Gehege mit dem Kronen-Sifaka "Daholo". Er kam aus dem Zoo im französischen Mulhouse und muss vorerst mit seinen beiden Katta-Kumpeln zusammen leben, weil bislang kein Zuchtweibchen vom Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für ihn vorgesehen ist. Den drei Lemuren steht neben dem ursprünglichen Katta-Gehege auch ein Teil des ehemaligen Schaugeheges der Orang-Utans zur Verfügung, das völlig neu gestaltet und auf die Bedürfnisse der neuen Bewohner angepasst wurde.
"Die Vergesellschaftung von Sifaka und Kattas funktioniert bei uns sehr gut", berichtet Zookuratorin Sandra Reichler. Die Tiere kuscheln miteinander und putzen sich gegenseitig. Das dient nicht nur zur Fellreinigung, sondern festigt auch die soziale Bindung zwischen den Tieren. "Der Sifaka ist der Chef im Gehege und verhält sich dominant gegenüber den beiden Kattas", berichtet Reichler.
Am Anfang habe "Rambo" den Tierpflegern etwas Sorge bereitet, weil er ein sehr ausgeprägtes Imponier- und Drohverhalten an den Tag legte. "Doch Daholo hat sich gar nicht drum gekümmert und es hat sich eingespielt", sagt Reichler.
Für sie sind Sifakas eine ganz besondere Tierart: Durch die langen Hinterbeine haben die Tiere eine außergewöhnliche Fortbewegungsweise. Sie springen senkrecht von Baum zu Baum. Damit sich "Daholo" - der 2009 im Zoo Apenheul im niederländischen Apeldoorn auf die Welt gekommen ist und die erste Handaufzucht eines Sifakas war - wohl fühlt, wurden im Schaugehege auch viele neue "Baumstämme" aufgestellt.
Neben den beiden Innengehegen bekommen die drei Lemuren aber auch außen mehr Platz: Über einen Laufgang über den Wirtschaftshof des Menschenaffenhauses kommen sie künftig in ihre Außenanlage, die gerade gebaut wird. Sie wird sechs Meter hoch sein und bietet den Tieren über 100 Quadratmeter Platz. Bis zum Frühjahr soll alles fertig sein, durch große Glasscheiben sollen die Besucher das Trio dann auch außen anschauen können.
Im Außenbereich entsteht für die drei Lemuren gerade eine neue Außenanlage. Foto: Philipp Rothe
Als erster und bislang einziger deutscher Zoo hat Heidelberg vom EEP den Zuschlag für die Sifaka-Haltung bekommen. Insgesamt halten nur sechs Tiergärten in ganz Europa die Lemuren, die als schlauste ihrer Art gelten. "Es gibt viele Interessenten und eine lange Warteliste", weiß Reichler. Für Heidelberg sprach, dass man hier viel Erfahrung mit Lemuren hat und auch die Pfleger dementsprechend gut trainiert sind. Denn die Haltung der Sifakas ist nicht ganz einfach: "Allein die Fütterung ist sehr kompliziert, weil Daholo’vor allem frische Blätter frisst", berichtet die Biologin. Also haben die Tierpfleger schon im Sommer Robinien-Blätter gezupft und eingefroren. "Daholo" frisst aber auch Gemüse, Nüsse und Maronen.
Sowohl Sifakas als auch Kattas zählen in ihrer Heimat Madagaskar zu den stark gefährdeten Tierarten. Deshalb beteiligt sich der Heidelberger Zoo an einem entsprechenden Artenschutzprojekt, dem "Sifaka Conservation Project" (SCP). "Das SCP verfolgt einen sehr innovativen Ansatz", berichtet Reichler. Es betreut die 20 Kronen-Sifakas aus den europäischen Zoos und weitere 9 Tiere, die in einem Schutzgebiet auf Madagaskar leben, als gemeinsame Zuchtgruppe.
Das ist nötig, weil die Lebensräume der Tiere im Freiland so isoliert voneinander sind, dass über das Projekt "frisches Blut" in die Populationen gebracht werden muss, damit diese keine Probleme mit Inzucht bekommen.