Aus der Berliner Morgenpost vom Sonntag,5.9.2010
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In Cornelia Funkes Roman "Tintenherz" kommen fliegende Affen vor. Fliegen können die Affen im Tierpark nicht. Aber es sieht so aus - so behände und flink klettern sie die Äste entlang und springen zum Gitter.
Und sie sind angriffslustig, denn sie halten Tierarzt Andreas Pauly für einen Bösewicht. Pauly hat sie einmal angeschossen - zur Betäubung aus einem Blasrohr - und mit einer Spritze gepiekt. Er hat die drei aus der Männergruppe gegen einen Hautpilz behandelt, durch den ihnen alljährlich das Fell ausfiel. Die Blasrohr-Aktion liegt fünf Jahre zurück. Kein Problem für die Kapuzineraffen. "Sie haben ein gutes Gedächtnis, sie sind überhaupt sehr intelligent", sagt Pauly und sieht lächelnd über die gebleckten Zähne und das Gebrüll der Affen hinweg. "Kapuzineraffen", erzählt Pauly, "werden in den USA dazu ausgebildet, um Behinderte zu unterstützen." Sie helfen im Haushalt: machen Licht an, öffnen Kühlschranktüren und holen die Zeitung. Manche mögen sich an die Äffchen erinnern, die für Leierkastenmänner das Münzgeld einsammelten - "auch das waren Kapuziner", sagt Pauly - Braune Kapuziner, wie sie im Zoo Berlin zu sehen sind.
Die Gelbbrust-Kapuziner im Tierpark gehören dem brasilianischen Staat. Der Bundesstaat Bahia an der Ostküste ist ihr Herkunftsgebiet. Das brasilianische Institut für Umwelt hat 1992 ein Komitee für das Zuchtprogramm und Schutzmaßnahmen eingesetzt und zur Auflage gemacht, dass Zoos, die Gelbbrust-Kapuziner zeigen wollen, den Schutz der Affen oder die Forschung finanziell unterstützen. Das Zuchtbuch über die 120 Affen, die in europäischen Zoos zu sehen sind, führt Jean-Marc Lernould, Ex-Direktor der Zoos Mulhouse. Die Mehrzahl der Tiere, 70 Affen, ist männlich. Pauly schätzt sich also glücklich, dass er neben seiner Männergruppe ein Zuchtpaar - sprich: auch ein Weibchen! - besitzt: Obi stammt aus dem holländischen Affenpark Apenheul, ihr Gefährte Yacu aus dem Zoo Zürich. Sie haben vor zwei Jahren Chico bekommen und im August ein weiteres Baby. Obi lässt es nur zum Trinken an die Brust. Den Rest der Zeit beißt sie es wie eine Katze ihre Jungen ins Genick und schleppt es mit sich herum. "Typisch Kapuziner", sagt Pauly. Das Geschlecht des Jungtiers ist dem Tierarzt noch nicht bekannt. Um das herauszufinden, müsste er das Kind von der Mutter trennen. Den Affenaufstand will Pauly sich ersparen. Drei Feinde unter Gelbbrust-Kapuzinern reichen.
Marga