Hyänen gähnen. Warum auch nicht? Max Raabe singt davon. Florian Sicks kann es bestätigen. Der 31-Jährige ist Kurator im Tierpark und zuständig für Raubtiere. Hyänen sind mutige Vertreter ihrer Art: Sie legen sich sogar mit Löwen an. Das wird zu wenig gewürdigt.
Das Image der Hyänen ist so schlecht wie der Kadaver, den sie verputzen. "Doch inzwischen setzt sich die Erkenntnis durch, dass Aasfresser im Ökosystem eine wichtige Rolle spielen", sagt Sicks. Und Aas ist nicht alles - Tüpfelhyänen bestreiten damit nur ein Drittel ihrer Nahrung. Der Rest wird frisch gejagt. Dabei zeigt die Hyäne große Ausdauer. Sie hetzt ihr Opfer mit 55 Kilometern pro Stunde bis zu dessen Erschöpfung. Dann reißt sie die Antilope oder den Springbock in Stücke. Das ist kein schneller Tod - den Tötungsbiss der Raubkatzen beherrscht die Hyäne nicht.
Ganz anders ist der Umgang mit der eigenen Brut. Im Hyänenclan ist die Partnerwahl freigestellt. Trächtige Weibchen werfen ihre Jungtiere in einer Höhle und bleiben dort zwei bis fünf Wochen mit ihnen allein. Dann ziehen sie in eine größere Höhle mit anderen Müttern und Kindern zusammen. Jede beschützt alle, gesäugt werden nur die eigenen Kinder.
Einer ist immer außen vor - um nicht zu sagen, der Depp: der Vater. Männliche Hyänen haben nichts zu sagen. Schon die Kinder machen mit ihren Vätern, was sie wollen. Schließlich stehen sie unter Muttis Schutz. Und sie ist zehn Prozent größer als er.
Im Tierpark ist die Unterdrückung deutlich zu sehen. Vater Karah (11) hält sich immer so weit wie möglich von allen anderen entfernt. Die 1994 geborene Mutter Malindi ist die Chefin. Mit Ikoma und Kalabi (beide zwei Jahre) und Kadera und Luena, die am 15. Juni 2010 geboren wurden, leben vier Jungtiere im Clan. Sohnemann Ikoma schläft oft bei seinem Vater, sagt Reviertierpfleger Michael Horn. Vermutlich heimlich. In freier Wildbahn müssen die Jungen sich einen anderen Clan suchen. So erklärt sich Sicks' Lieblingslegende von selbst: "Danach reiten in Afrika Hexen nicht auf Besen. Sie reiten auf Hyänen."
Trotz Unterdrückung - alle Hyänen lachen. Es klingt mehr wie ein Scheppern, ein Meckern. Die Tonhöhe verrät die Rangordnung, wie Sicks sagt. "Junge Tiere lachen höher als alte, Männchen höher als Weibchen." Wenn sich der Clan um Beute schart, kann jedes Mitglied an der Tonhöhe seiner Nachbarn erkennen, ob es Platz machen muss (tieferes Lachen) oder nicht.
Der Schädelkamm macht die Hyäne so mächtig. An ihm können viele Muskeln ansetzen - deshalb ist der Biss der Hyäne gnadenlos kräftig. Er bricht Knochen. Und sie verdauen sie komplett, ihre Magensäure ist sehr viel saurer als die unsere. Die afrikanische Tüpfelhyäne - so, wie man sie heute kennt - gibt es seit 900.000 bis 250.000 Jahren. Doch Hyänen sind älter. Erste fossile Funde sind 23 bis 16 Millionen Jahre alt und stammen aus Europa. Heute leben hier nur noch 70 bis 80 Tüpfelhyänen in Zoos. Ihr Bestand wird in einem Europäischen Zuchtbuch im Holländischen Zoo Amersfoort geführt. Daran orientiert Sicks sich, wenn er die Jungtiere an andere Zoos abgibt.
Quelle: Morgenpost online
30. Januar 2011 - von Tanja Laninger