Liebe Mitglieder von Knutitis
Ein gestern erschienenes kurzes Video über die Eisbären Vilma und Lars hat für ziemliche Aufregung gesorgt.
Wie es immer der Fall ist, melden sich zu diesem Kontext vorwiegend diejenigen Blogger z.B. bei Facebook und an anderen Stellen am lautstärksten zu Wort, die sich selber kein eigenes Urteil bilden können, weil sie selber nicht vor Ort waren, sondern sich bei ihrer Meinungsbildung von Medien manipulieren lassen.
Bevor diese polemischen Äusserungen bei unseren Mitgliedern zu falschen Schlussfolgerungen führen, möchte ich folgendes feststellen:
Es ist absolut richtig, dass speziell Vilma zu starken Bewegungsauffälligkeiten neigt.
Diese äußern sich darin, dass sie ein kurzes Stück läuft, dann an einer bestimmten Stelle den Kopf nach hinten neigt, wendet und diesen Ablauf ständig wiederholt.
Dieses Verhalten hat sie sich nicht in Wuppertal angewöhnt, weil die Anlage zu klein ist, sondern sie hatte es bereits in Rostock.
Ich habe diese Stereotypie bei meinem letzten Besuch immer wieder beobachtet; übrigens auch länger als zwei Minuten.
Nicht zuletzt die Pfleger sind sehr traurig über dieses Verhalten.
Wir haben uns lange darüber unterhalten.
Eisbären sind, genetisch bedingt, auf Bewegung programmiert und nutzen ihre Anlagen häufig für ihre Bedürfnisse aus.
Ich würde darum ständige Bewegungen fast als "normaler" ansehen, als wenn ein Bär über viele Stunden stumpfsinnig auf einer Stelle liegt.
Es muss nicht darüber diskutiert werden, ob die Anlage in Wuppertal zu klein ist; sie ist es!!
Aber keine Eisbäranlage in einem Zoo kann einem Eisbär gerecht werden.
Leider ist nicht das nötige Geld da, die Anlage zu vergrößern, obwohl Pläne bereits vorliegen.
In Wuppertal tun die Pfleger wirklich alles, um ihre Tiere zu beschäftigen, was ihnen auch gelingt.
Dazu lassen sie sich ständig etwas Neues einfallen.
Schön ist, dass sie die Besucher mit einbinden und sich freuen, wenn diese Spielzeug mitbringen.
Ähnlich wie es ein erfahrener Hundebesitzer tut, wird das Spielzeug immer wieder gewechselt, damit keine Langeweile aufkommt.
Zoodirektor Dr. Schürer lässt seinen Pflegerinnen und Pflegern dabei völlig freie Hand, im Vertrauen auf ihre Kompetenz.
Mit Sicherheit wird dieser inzwischen vollkommen automatisierte Bewegungsablauf kaum wieder verlernt werden; man kann ihn nur immer wieder unterbrechen, indem man die Tiere ablenkt.
Im Übrigen zeigt auch Lara in Gelsenkirchen stereotypes Verhalten.
Sie führt dabei die gleichen Kopfbewegungen aus wie Vilma; und sie verfügt über ein weitaus größeres Gelände.
Ich persönlich habe mit eigenen Augen beobachten können, dass speziell Vilma sich sofort für Ablenkungen jeglicher Art begeistern lässt; und auch Lars sehr interessiert ist, wenn plötzlich, um das neue Wort zu gebrauchen, Enrichment zur Verfügung gestellt wird.
Das kannte ich bisher von ihm nicht.
Wir befinden uns hier unter erwachsenen Menschen.
Jeder soll für sich entscheiden, ob er sich sein eigenes Urteil bilden möchte, indem er sich die Mühe macht, den Wuppertaler Zoo persönlich zu besuchen oder sich von Medien maipulieren lässt.
Ich persönlich freue mich, dass einige unserer Leute viele Kilometer zurücklegen, um Lars zu besuchen. Das nenne ich wirkliches Interesse am Tier.
Äußerungen, wie sehr man an Lars hängt, ihn aber niemals besucht, sind für mich leere Worthülsen.
Für mich ist immer entscheidend, was ich mit eigenen Augen sehe.
Ich kann bei jedem Tier, jeden Tag, Filmchen drehen, die zeigen, wie gut oder wie schlecht ein Tier drauf ist. Das kann ich auch bei Dusty tun.
Es kommt immer darauf an, was ich intendiere.
Wichtig ist, dass man einen "unnatürlichen" Zustand, in dem Fall die Stereotypie von Vilma, durch entsprechende Maßnahmen von außen zu mildern versucht und das tut man in Wuppertal.
Noch ein Hinweis aus der Verhaltensbiologie:
Ein innerer Triebstau (z.B. Erregung, Unsicherheit) wird häufig durch Bewegung abreagiert und dadurch gemildert.
So kann bei Vilma beobachtet werden, dass bei starkem Publikumsandrang die stereotypen Bewegungen zunehmen.
Das bestätigt auch Zoodirektor Dr. Schürer.
Jeder von uns regelmäßigen Zoobesuchern weiß, dass nicht jeder Besucher über entsprechende Verhaltensweisen am Gehege verfügt und häufig die Tiere irritiert.
Übrigens gehören Nägelkauen, mit den Füßen scharren, unruhiges Hin- und Herlaufen auch bei den Menschen zu stereotypen Verhaltensweisen, zur Abreaktion von Triebstaus.
Gitta
Gittabilder vom 22.01.2011