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Unbekannter Krankheitserreger
Toter Eisbär Knut wird noch Monate untersucht[/size]
[size=85]Samstag, 2. April 2011 07:22 - Von Florentine Anders
Vermutlich ist Knut infolge einer Gehirnentzündung gestorben. Auf der Sucher nach dem Krankheitserreger muss der tote Eisbär aber noch mehrere Monate untersucht werden müssen. Indes rufen Berliner zur Demonstration gegen die geplante Knut-Plastik im Naturkundemuseum auf.
Der Festsaal im Schloss Friedrichsfelde im Tierpark sollte der angemessene Rahmen sein, um die ersten Ergebnisse der Sektion des weltberühmten Eisbären Knut zu präsentieren. Gleich eine ganze Riege von erstklassigen Wissenschaftlern hat Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz aufgefahren, um für jede Frage gewappnet zu sein. Übernächtigt stehen die Experten im Blitzlichtgewitter der Fotografen. Tag und Nacht hätten sie in den vergangenen zehn Tagen gearbeitet, um der Öffentlichkeit zumindest eine vorläufige Antwort auf die drängende Frage, warum Knut so jung sterben musste, geben zu können.
„Eisbär Knut ist vermutlich infolge einer Gehirnentzündung ertrunken“, sagte die leitende Pathologin des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), Claudia Szentiks, am Freitag ohne Umschweife als ersten Satz. Schließlich erwarteten die Medien schon seit zwei Tagen die Ergebnisse der größten Sektion eines Wildtieres aller Zeiten.
Dabei sind die wissenschaftlichen Untersuchungen des berühmten Zootieres noch lange nicht abgeschlossen. Nur so viel ist bisher klar: Als Knut am 19. März auf den Bärenfelsen ins taumeln geriet und in den Wassergraben fiel, waren weite Teile des Gehirns und des Rückenmarks bereits entzündet. „Das Absterben der Nervenzellen durch die Entzündung führt zu einem elektronischen Gewitter und damit zu Muskelkrämpfen“, erklärte Szentiks die Drehungen des Bären kurz vor seinem Ertrinken.
Entzündung seit vielen Wochen?
Bis dahin hatte sich Knut vollkommen unauffällig verhalten, betonten die Wissenschaftler. Es gab keinen Anlass, von einer Erkrankung auszugehen. Dabei müsse, so die Experten die Entzündung schon vor vielen Wochen oder sogar Monaten begonnen haben. Dass man Knut die schwere Krankheit nicht anmerkte, sei nicht ungewöhnlich, erklärte IZW-Präsident Heribert Hofer. „Wildtiere können eine Menge Leid ertragen, ohne es nach außen zu zeigen“, so Hofer. Bei einer routinemäßigen tierärztlichen Untersuchung hätte die Krankheit nicht erkannt werden können. Die Veränderung des Gehirns sei nur im Computertomographen sichtbar.
Bei den aufwendigen Untersuchungen des Kadavers arbeitet das IZW eng mit Experten der Infektionsdiagnostik des Landeslabors Ilat und mit der Pathologie für Tiermedizin der FU zusammen. Unklar ist noch, wodurch die Gehirnentzündung verursacht wurde. „Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelte es sich um eine Virusinfektion“, sagte Pathologe Achim Gruber von der Freien Universität. Möglich sei auch eine parasitäre Infektion.
Noch vor der Sektion wurde der Bär in einem der modernsten Computertomographen untersucht. Jedes einzelne Organ wurde seziert, das Gehirn fixiert, das Skelett in 21.000 Einzelstücken untersucht. Ein 3-D-Labor der TU hat ein Modell von Knuts Schädel hergestellt. Mit Sicherheit können die Wissenschaftler derzeit lediglich verschiedene Erreger ausschließen. So war Knut nach Angaben des IZW nicht an Tollwut, BSE, Staupe, oder Toxoplasmose erkrankt. Auch sogenannte Botulismen (Fleischvergiftung) oder Trichinen (parasitäre Würmer) können ausgeschlossen werden. Es gebe auch keine Spuren für eine Stresserkrankung oder ein Trauma.
In den vergangenen Tagen hatte es Spekulationen gegeben, dass der Eisbär Knut durch das Zusammenleben mit den älteren Eisbärenweibchen möglicherweise unter Dauerstress litt. Auch einen Gendefekt schließen die Wissenschaftler aus. Begeistert präsentierten die Wissenschaftler die Nachbildung von Knuts Schädel. Er sei „wunderbar geformt“, schwärmte IZW-Präsident Hofer. Es gebe keinerlei Missbildungen, die auf einen Gendefekt hinweisen würden. Tierschützer hatten Inzucht für die Erkrankung verantwortlich gemacht. „Die Wildtierforschung ist eine junge Wissenschaft, ständig werden neue Erreger gefunden“, so Hofer.
Die Suche nach dem Krankheits-Erreger geht nun weiter. Was die Untersuchungen koste, konnte gestern noch niemand sagen. Fest steht nur, dass die Kosten vom IZW übernommen werden.
Nach der Untersuchung soll Knut ins Museum kommen. Die kaufmännischen Direktorin des Zoos, Gabriele Thöne, sagte: „Im Umgang mit Tieren lernen viele Menschen sich selbst verstehen und entwickeln so eine persönliche Bindung.“ Eine schmerzhafte Erfahrung sei es, wenn dieses Lebewesen geht. Um der Trauer einen Ort des Gedenkens zu geben, werde im Zoo eine Bronzestatue von Knut aufgestellt. Eine Beerdigung jedoch soll es nicht geben. Der Zoo verstehe sich als Bildungseinrichtung und will deshalb den Eisbären dem Naturkundemuseum zur Präparation zu überlassen.
In den vergangenen Tagen hatte sich Protest gegen das „Ausstopfen“ des Tieres geregt. Der Direktor des Naturkundemuseums Ferdinand Damaschun versuchte am Freitag die Vorbehalte zu zerstreuen. Von „Ausstopfen“ könne keine Rede sein, sagte er. Die Präparatoren des Museums gehörten zu den besten der Welt, sie könnten Knut mit einer Dermoplastik ein würdiges Denkmal setzen. Knut sei Symbol für die Bedrohung des Lebensraums der Eisbären geworden. Deshalb werde er vermutlich in der Gestaltung eines neuen Raumes zum Klimawandel eine zentrale Rolle spielen, so Damaschun.