Pate von einem echten Löwen zu sein - das ist schon etwas Besonderes. Deshalb sind Carlotta (12) und ihr kleiner Bruder Béla (6) auch ziemlich aufgeregt beim ersten Treffen mit ihrem Schützling. Die Plakette vor seinem Gehege im Tierpark Friedrichsfelde ist schon angebracht, auf der steht, dass Béla und Carlotta die offiziellen Paten sind. Und dann kommt Boris.
Er traut sich hinter einem Felsen hervor, von den Kindern ist er durch ein Gitter und einen Wassergraben getrennt. Denn fast erwachsene Löwen sind nicht zum Streicheln geeignet. Der zweijährige Boris läuft unruhig auf den Felsen seines Geheges hin und her, traut sich nicht näher an den Wassergraben. Im vergangenen November kam er aus dem Zoo in Helsinki im Tierpark Berlin und ist noch unsicher.
Im Laufe der nächsten Monate wird Boris an die Löwinnen des Tierparks gewöhnt. Irgendwann gibt es dann hoffentlich Löwenbabys. Auch deshalb sind sich Béla und Carlotta ihrer verantwortungsvollen Aufgabe bewusst. "Ich bin stolz, weil wir mit unserer Patenschaft ja auch einen Beitrag zur Arterhaltung leisten", sagt Béla. Es gibt nur noch 250 bis 300 indische Löwen. Sie leben vor allem in Zoos und dem Gir-Nationalpark in Indien. Damit ist ihr Fortbestand nicht gesichert. Die Löwen-Unterart gilt als stark gefährdet und stirbt vielleicht aus. Eigentlich ist der Tiger Bélas Lieblingstier, der Löwe stand bisher an zweiter Stelle. Das könnte sich aufgrund der Sympathie für Boris umkehren. Säugetier-Kurator Christian Kern (30) spendiert während des Boris-Besuchs noch eine Führung zu anderen Großkatzen. So lernen sie auch den beeindruckenden sibirischen Tiger Dariusz kennen, der fast so groß wie eine Kuh ist und gerne spielt.
Im vergangenen Dezember haben sich die Kinder um die einjährige Patenschaft für Boris bei der Berliner Kinderpost beworben. Der Filmverleih 20th Century Fox hat sie anlässlich des Filmstarts von "Die Chroniken von Narnia - Die Reise auf der Morgenröte" spendiert. In dem Film spielt der imposante Löwe Aslan eine Hauptrolle. Imposant ist Boris auch schon. Er ist groß und stark und bewegt sich geschmeidig über seine Felsen. Nur seine Mähne, die wächst noch. Täglich frisst er drei bis fünf Kilo Rind- oder Pferdefleisch.
Löwen gehören bei Béla und Carlotta schon zur Familie. In ihrer Paten-Bewerbung an die Berliner Kinderpost haben sie in einer Fotocollage ihre neun "Löwen" vorgestellt: Ihr Meerschweinchen Leo Knatterböhnchen, ihre Cousins Leonie und Leonas, ihre Lieblingsbücher "Der Brülllöwe" und "Lola Löwenherz" und ihre drei besten Freunde, die allesamt Leo heißen. "Unser Opa hat uns gefragt, ob wir in Zukunft auch mit Boris Gassi gehen", erzählt Carlotta und lacht. "Das war natürlich lustig. Obwohl es sicher interessant wäre." Aber viel zu gefährlich. Am liebsten würden die Paten einmal Löwen in freier Wildbahn sehen - mit genug Abstand natürlich. "Béla erzählt viel von Afrika", sagt Carlotta. "Er schnappt überall etwas auf und ist begeistert von dem Thema." K. Beyer
Quelle: morgenpost.de / 09.04.11 / 2.56 Uhr