Zitat"Wie Tiere uns Menschen sehen Samstag, 10. September 2011 02:57 - Von Elke Bodderas Der Hund, das ist inzwischen vielfach nachgewiesen, ist der beste Menschenkenner in den Reihen der Tierwelt. Er kann seinen Halter sogar auf Fotos erkennen - für die Biologen ist das ein Sonderfall. Die Gesichter von Menschen auf Fotos auszuwerten bringen nicht einmal Primaten zustande.
Zeigt man dagegen Hunden die Porträt-Bilder, schauen sie sich die Fotos aufmerksam an. Erkennen sie ein Gesicht, lassen sie es rasch links liegen - um sich mit den Porträts von Menschen und Hunden zu beschäftigen, die ihnen weniger bekannt vorkommen. Die sind wohl interessanter.
Kein Tier lebt länger mit uns zusammen als der Hund. Er bekommt Futter, Streicheleinheiten und manchmal Prügel. Es lohnt sich also für ihn, sich mit Menschen auszukennen. Doch was ist mit den anderen Tieren? Können sie Menschenfreunde sein?
Konrad Lorenz und das Gänsekind
Konrad Lorenz war einer der Ersten, die dem Phänomen auf den Grund gegangen sind. Der Begründer der Verhaltensforschung beschrieb schon in den 1950er-Jahren in seinen Studien, wie er eine Schar Wildgänse begeisterte. Lorenz' Lieblingsgans Martina hatte große dunkle Augen. Mit denen blickte sie, gerade aus dem Ei geschlüpft, ins bärtige Gesicht des Forschers - und glaubte, ihre Mutter zu sehen. "Lange, sehr lange sah mich nun das Gänsekind an. Und als ich eine Bewegung machte und ein kurzes Wort sprach, löste sich mit einem Male die gespannte Aufmerksamkeit, und die winzige Gans grüßte", schrieb Lorenz 1983 in seiner Biografie "Eigentlich wollte ich Wildgans werden". Konrad Lorenz adoptierte das auf ihn geprägte Grauganskind und zog es auf. Martina durfte in seinem Schlafzimmer übernachten und meldete sich stündlich ("wiwiwi") aus dem Korb, während Lorenz verschlafen aus dem Bett beruhigte ("gagaga"). Die Gans hielt ihr Leben lang an dem Irrtum fest.
Solche wilden Stiefkinder finden sich unter ihresgleichen meistens kaum zurecht. Geschöpfe, die von Geburt an unter Menschen leben, sehen uns als ihresgleichen - unter Artgenossen dagegen fremdeln sie. Wachsen Tiere in Freiheit in der Nähe der Menschen auf, schärfen sie ihren Blick für diese, ohne an ihnen zu kleben. Sie fangen an, sich für uns zu interessieren - vor allem, wenn unser Alltag wichtig für sie ist.
Stadttauben merken sich Gesichter
Stadttauben haben ein gutes Auge für menschliche Gesichter entwickelt. Das fanden Forscher Anfang Juli bei einem Experiment mit frei lebenden Tieren in Paris heraus. Die Forscher von der Universität Paris schickten zwei Kolleginnen in verschiedenfarbigen Laborkitteln in einen Stadtpark. Beide gaben den Tauben Futter. Die eine ließ die Tiere in Ruhe fressen, die andere verjagte die Vögel immer wieder. Bald stellten die Forscher fest, dass die Tauben der bösartigen Person auch auswichen, wenn diese sie gar nicht verscheuchte. Auch von einem Kittel-Tausch ließen sich die Vögel nicht in die Irre führen. "Die Tauben orientierten sich allein an den Gesichtern", so die Forscher.
Pferde dagegen finden sich nicht so gut zurecht. Vor mehr als 50 Jahren ging Bernhard Grzimek der Frage nach, wie Pferde uns Menschen sehen. Für seine Tests suchte er Tiere aus, die so scheu waren, dass sie nur ihren Pfleger an sich heranließen. Gegen Fremde reagierten sie aggressiv. Doch das Bild ihrer vertrauten Bezugsperson war verzerrt. Wenn der Stallbursche ihres Vertrauens sich mit einem langem Mantel und Hut verkleidete, griff das Pferd ihn an - so wie alle anderen Fremden. Eine Karnevals-Maske hatte dagegen keine Wirkung. Was sind wir in den Augen der Pferde? Kleiderständer? Anziehpuppen? "Pferde orientieren sich wie die meisten Tierarten anhand von Schlüsselreizen", sagt der Forscher Norbert Sachser. Sie sehen schlecht - und orientieren sich daher vor allem an Geräuschen und Gerüchen. Die Mitglieder einer Herde erkennen einander am Wiehern. Sie erkennen ihre Halter nicht Aug in Aug. Aber am Schritt und an der Stimme.
Welpen verstehen Körpersprache
Auch die Körpersprache spielt in der Mensch-Tier-Begegnung eine wichtige Rolle. Verhaltensbiologen machen mit Hunden, Wölfen, Affen und andere Arten den immer gleichen Tests: Unter Bechern verstecken sie Futter. Ein Mensch deutet mit dem Finger auf den Becher. Wölfe und Affen verstehen den Hinweis nicht. Anders die Hunde: Schon als Welpen begreifen sie, was ein Fingerzeig bedeutet. Über die Jahrtausende des Zusammenlebens haben Hunde gelernt, Mimik und Gestik des Menschen zu lesen. Dieses Wissen geben sie offensichtlich mit dem Erbgut weiter. Anders als der Mensch. Er muss in der Hundeschule lernen, was ein Hund mit seiner Körpersprache sagen will.
Den meisten Menschen geht das Herz auf, wenn sie mit Tieren Kontakt haben, das ist bekannt. Dass es auch Haustieren gut bekommt, wenn sie sich in der Nähe des Menschen aufhalten, haben zwei Biochemiker bei Hunden bewiesen. Wenn sich Paare aus Mensch und Hund, zwanzig Minuten lang still in demselben Raum befanden, stieg bei beiden der Glückshormonspiegel an. Und noch glücklicher wurden beide, wenn sie miteinander spielten oder kuschelten."
Was für ein interessanter Artikel, Nordlandfan. Vielen Dank fürs einstellen. Das erinnert uns daran, wie wenig wir eigentlich wissen von die Tierwelt. Nicht weil wir es nicht untersuchen könnten - aber weil den Untersuchungen nicht gemacht werden, weil sie kein oder nur wenig Geld aufbringen. Über vermiste Chancen gesprochen...
auch ich möchte dir für diesen interessanten Artikel danken. Ich habe ihn mit großem Interesse gelesen. Logisch, dass mir am Ende diese Worte ganz besonders gut gefallen haben:
ZitatDass es auch Haustieren gut bekommt, wenn sie sich in der Nähe des Menschen aufhalten, haben zwei Biochemiker bei Hunden bewiesen. Wenn sich Paare aus Mensch und Hund, zwanzig Minuten lang still in demselben Raum befanden, stieg bei beiden der Glückshormonspiegel an. Und noch glücklicher wurden beide, wenn sie miteinander spielten oder kuschelten
Vielen Dank für eure netten Rückmeldungen! Für mich waren die Erkenntnisse ganz besonders interessant, weil ich mir schon immer z.B. bei den Vögeln im Zoo Gedanken machte, woran sie uns eigentlich wiedererkennen. Es hatte nämlich gar keinen Unterschied gemacht, ob man in Wintersachen und mit Wintermütze dick vermummt war oder dann später in leichterer Sommer-Bekleidung vor ihnen stand - ohne daß was den Kopf verdeckte. Ich war auch z.B. darüber erstaunt bzw. beeindruckt, daß die bestimmten Vögel einen wieder erkannten, auch wenn man 3-4 Wochen nicht im Zoo war (aber das hat natürlich auch was mit ihrem guten Gedächtnis was zu tun).