Troll: Andauernde Konfrontation, Steigerung der bedrohlichen Situation und Rettung im Eisbärengehege am Wahlsonntag, 18.9.2011
Gegen Mittag waren Tosca und Nancy auf dem Mutter-Kind-Gehege. Im großen Gehege lag wie gehabt Troll vor der Höhle, Katjuscha darinnen. Kopf an Kopf, Schnauze an Schnauze. Ein Bild des Friedens. Und so sahen das auch einige Beobachter, die notorisch zu einer idyllischen Interpretation der Lage neigen. Sie ließen sich auch dadurch nicht beirren, dass dieser Zustand schon reichlich lange anhielt: Katjuscha hatte keine Chance, zu entweichen, Troll hütete sie wie eine Geisel.
Die Höhle hat nur einen Ausgang zum Bärenhof hin, nicht in einen Innenkäfig. Die Pfleger konnten ihr diesen Ausgang also nicht so ohne weiteres öffnen.
Ein paar Male wollte Troll ein wenig promenieren, hatte aber Angst um den Verlust des Objektes seiner Begierde (in welcher Hinsicht auch immer) und kehrte schnell zurück. Ein paar Male begehrte Katjuscha auf, brüllte, stand auf, ging sogar einen Schritt vor und riss das Maul auf. Sofort brüllte Troll zurück, aber deutlich lauter als sie. Katjuscha ließ den Kopf hängen. Troll entfernte sich immer nur ein paar Schritte weit, kehrte um und brüllte, wenn sie eine Vorwärtsbewegung machte.
Es war klar, Troll bewachte eine Gefangene und dachte gar nicht daran, sich durch Tricks ablenken zu lassen.
Herr Röbke erklärte wie auch schon am Freitag, dass man Troll jedenfalls nicht durch Geräusche und delikate Nahrungsangebote ablenken könne. Ein Eisbär, der von Natur aus darauf angelegt sei, lange ohne Nahrung auszukommen, würde sich durch Lachse oder Rinderkeulen nicht von seinem Spielzeug ablenken lassen, wenn es ihm denn wichtig genug sei. Gerade gestern hätten sie es noch mal versucht; es erwies sich wieder mal als erfolglos.
Katjuscha machte noch ein- oder zweimal einen Ausbruchsversuch, wiederum vergeblich. Seit Freitagmorgen dauerte nun schon ihre Geiselhaft.
Dramatische Wende!
Gegen 15 Uhr sah ich plötzlich Tosca über das Gelände hetzen. Troll bemerkte das sofort und jagte ein Stück in ihre Richtung. Tosca hatte sich auf „Knuts Eck“ gerettet. Vorerst. Troll brüllte, jagte hin und her, seine Überlegungen waren leicht zu deuten, wie in einem aufgeschlagenen Buch: Beide, Katjuscha und Tosca, wollte er haben, keine wollte er entweichen lassen. Katjuscha schlich sich ein Stück die Wand entlang, aber zu langsam, sie schaffte es nicht bis zum rettenden Eingang. Troll jagte brüllend heran, trieb K. ein Stück zurück, so weit, bis sie wieder im Höhleneingang war.
Dieser erste Eingang links führt, wie erwähnt, nicht in einen Käfig, sondern auf den Bärenhof, so dass man von dort aus K. nicht so einfach retten konnte.
Noch einmal jagte Troll in Toscas Richtung an Knuts Eck, die sprang vor Panik ins Wasser und schwamm zu ihrer Insel. Diesen Moment wusste Katjuscha endlich zu nutzen, sie rannte an der Wand entlang und schaffte es diesmal in einen Eingang zum Innengehege. Man hörte den Schieber runterknallen.
Troll brüllte vor Zorn, war ihm doch sein Lieblingsspielzeug entschwunden. Aber es verblieb ja noch ein Opfer - Tosca. Schnaubend vor Zorn und brüllend stürzte er ins Wasser. Was er mit Tosca gemacht hätte, wenn er sie erreicht hätte, vermag ich nur zu raten (Gottseidank!). Kurz bevor er ihre Insel erreichte, verließ Tosca dieselbe, sprang ins Wasser, war schnell am Festland und rannte um ihr Leben (diese dramatische Zuspitzung erlaube ich mir mal und halte sie wirklich nicht für übertrieben!). Troll konnte sie nicht einholen. Man hörte wieder eine Klappe fallen. Auch Tosca war gerettet.
Wutschnaubend rannte Troll nun über das Gelände und brüllte immer wieder furchterregend. Weißer Schaum stand und tropfte um sein Maul. Er war furchtbar enttäuscht und erregt darüber, dass man ihm die beiden Riesenspielzeuge weggenommen hatte. Wütend versuchte er sie doch noch zu fangen. Dabei ging er selbst in die Falle. Auch hinter ihm schloss sich das Gitter.
Nach dieser glückseligen Wendung hatte man Tosca und Katjuscha den Zugang zum Mutter-Kind-Gehege geöffnet. Kati schwamm und rubbelte sich lustvoll am Felsen. Ich behaupte, man sah ihnen das Glück über die wundersame Errettung an.
Ein großes Lob für die wackere Tosca! Hatte man sie doch aufs Gelände geschickt, um Troll zu verwirren und Katjuscha zu retten. Hätte sich Tosca als erste gerettet, wäre Katjuscha wohl in der Falle geblieben, weil nicht geistesgegenwärtig und schnell genug angesichts des großmächtigen und wachsamen Troll.
Aber es hätte auch schiefgehen können.
Ich danke den Pflegern für ihren Mut und ihren geschickten Schachzug. Ansonsten hätte man wohl irgendwann Troll betäuben müssen, denn sehr viel länger hätte Katjuscha das kaum ausgehalten. Und Tosca, die das nicht unbedingt freiwillig gemacht hätte (Altruismus hin oder her), danke ich für blitzschnellen Reaktionen und die richtigen Entscheidungen.
Morgen gibt es ein paar Flaschen guten Sekt für die Pfleger, von mir. Natürlich mit den Worten der ehrlichen Bewunderung für ihre mutige und durchdachte Tat. Erleichtert sind wir nun alle.
Aber wohin mit Troll?
Berln, 18.9.2011, A. Klumbies