DAUERTAUWETTER AM POLARKREIS
Das Dauertauwetter jenseits des Nordpolarkreises wird zur Bürde.
Wohin man auch blickt, nach Alaska oder ins Klimamodell
- einiges geht da den Bach runter.
+++ 2. Januar. Alaskas nördliches "Venedig" geht im auftauenden Permafrostboden unter. Wie das Klimazentrum des Alaska Native Tribal Health Consortiums in seinem jüngsten Bericht schreibt, bersten die Brücken in der gut 110 Kilometer südlich von Kotzebue gelegenen Ortschaft Selawik, die hölzernen Gehsteige kippen, und den Treppen vor den Häusern wird der Grund entzogen. Die Ufer brechen ein, und einige Schneeräumfahrzeuge der 820-Seelen-Gemeinde sind schon im dünner werdenden Eis eingebrochen und verschwunden. Die Entwicklung deckt sich mit den Entwicklungen in den Alsaka-Kommunen Point Hope, Kivailina, Noatak und Kiana. Die amerikanische Umweltbehörde EPA wird von diesem Frühjahr an jeweils einen Bewohner in siebzig Alaska-Gemeinden zum Klimawandelbeobachter ausbilden lassen. Dieses Beispiel könnte Schule machen. Auch deutsche Gemeinden versinken dieser Tage in Bergen von ungenutztem Streusalz, die Schneeräumfahrzeuge sind für das Beseitigen liegen gebliebener Herbstlaubreste nicht ausgelegt. Der kommunale Winterdienst wird an frostfreien Tagen dreimal täglich mit mobilen Messstationen zur lückenlosen Datenerfassung durch die Gassen geschickt und bekommt im Gegenzug ein beheiztes Büro für Klimafolgenberatung im Rathaus zugesichert. +++
Foto dpad
+++ 4. Januar. Die rapide Erwärmung in den kalten Klimazonen der Nordhemisphäre wird nach Einschätzung norwegischer Forscher für viele Pflanzen zur ernsten Bedrohung. 26 von 27 heute noch häufigen Arten könnten Kandidaten für die Rote Liste werden, weil die Flächen, auf denen sie vorkommen, bis zum Jahr 2080 teils drastisch um bis zu achtzig Prozent schrumpfen. Die genetische Vielfalt muss aber nicht zwangsläufig auch so stark abnehmen, wie die mit Gendaten gespeisten Modellberechnungen gezeigt haben. Vor allem zwergenwüchsige Pflanzen, die Mechansismen der windgetriebenen Samenausbreitung über größere Entfernung entwickelt haben, seien im Vorteil, berichten die Forscher Inger Alsos vom Tromso University Museum in den "Proceedings B" der Royal Society. In den Landwirtschaftsministerien der Nordpolanrainerstaaten klingeln deshalb die Alarmglocken. Die Hoffnung, künftig großflächig Kartoffeln, Weinstöcke und Weizen anzubauen, sieht man durch die massenhafte Ausbreitung von Zwergenunkräutern bedroht. Der flächendeckende Einsatz von Zwergenfallen jenseits des Polarkreises wird erwogen. +++
Quelle: F.A.Z.