Gedenken Ein paar Rosen für Knut Montag, 19. März 2012 02:56 - von Christian Mutter
ZitatJohannes Bergmann erinnert sich, als sei es gestern gewesen. Wie an diesem Sonntag stand er auch vor einem Jahr, an jenem 19. März 2011 am Eisbärengehege, ganz vorn am Geländer. Die Lieblingsbilder von Knut fein säuberlich einsortiert in einem abgegriffenen Ordner vor sich. Plötzlich sei der Eisbär aufgestanden, habe sich im Kreis gedreht und sei taumelnd ins Wasser gestürzt.
"Als er nicht mehr auftauchte, wusste ich, jetzt ist es vorbei", erzählt der 52-Jährige. Besucher habe er vor dem Anblick gewarnt, erinnert sich Bergmann. Mit den Worten: "Da würde ich nicht hingehen, Knut ist tot."
Solche Geschichten, traurige, wie vom plötzlichen Tod des Eisbären, und fröhliche aus seinem kurzen Leben, sind viele zu hören, an diesem Sonntag am Bärenfelsen im Zoologischen Garten. Knut-Fans hatten sich im Internet zum stillen Gedenken verabredet, einen Tag vor dem ersten Todestag. Einige Blumen liegen am Gehege. Eine Besucherin legt eine weiße Rose zwischen die handgeschriebenen Plakate. Fotos werden herumgereicht, Zeitungsausschnitte, es fließen auch einige Tränen, das Andenken an den kleinen Eisbären und seinen ebenso früh gestorbenen Ziehvater Thomas Dörflein überwiegt.
Doch in das kollektive Erinnern der Besucher mischt sich auch Kritik. Gitta Habedank kommt aus Eschweiler bei Aachen. Sie ist nicht zum Trauern hier, sondern um Freunde wiederzutreffen, die sie durch Knut im Internet und schließlich im Zoo kennengelernt hat. "Das war ein entzückender kleiner Eisbär. Aber eben durch die Handaufzucht auch kein gewöhnliches Tier", sagt die Biologie-Lehrerin. Man hätte völlig anders mit ihm umgehen müssen, Knut sei mit den drei Eisbären-Damen Tosca, Nancy und Katjuscha überfordert gewesen.
Die Kritik mancher Besucher gilt vor allem Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz. Vor dem Wochenende hatte der Zoo-Chef das Gedenken an sein bekanntestes Tier am Sonntag unterbinden wollen. Ein Stand des Zoo-Fördervereins sollte eine neue Knut-Medaille nicht verkaufen dürfen, Drehgenehmigungen wurden verwehrt. "Ein eklatanter Eingriff in die Pressefreiheit", findet eine ältere Dame, "so was hat es nicht mal in der DDR gegeben."
Münzverkauf doch erlaubt
Von der Zoo-Führung lässt sich an diesem Sonntag bis zum frühen Nachmittag niemand sehen. Nach Protesten darf dann doch gedreht werden, die Blumen bleiben liegen, und der Souvenirstand verkauft seine Münzen. "1500 Stück seit vergangenem Montag", sagt Vereinsvorsitzender Thomas Ziolko. Jutta Bonzikowski hat sich eine solche Münze gekauft, "weil zwei Euro direkt an den Zoo gehen", sagt sie. Trotzdem versteht sie den "Hype um Knut" selbst über dessen Tod hinaus nicht. "Ihre Toten lassen sie auf dem Friedhof liegen, und hier machen sie so einen Kult um den Eisbären", sagt die Charlottenburgerin.
Andere Besucher wiederum wollen sich einfach nur die Eisbären ansehen. "Wegen Knut sind wir nicht hier", sagt Thorsten Kröhn. Der 45-Jährige aus Nikolassee steht mit seiner Frau Julia und den Töchtern Laura und Marie am Eisbärengehege und beobachtet Tosca, Nancy und Katjuscha. "Es ist traurig, dass er so jung gestorben ist. Aber die Abwesenheit von Knut ist ja kein Grund, nicht mehr in den Zoo zu gehen", ergänzt Kröhn. Ähnlich geht es Yvonne Schneider und ihrem Sohn Fabian. "Wir waren früher oft hier und haben uns Knut angesehen", sagt die 27-Jährige. Der Tod im vergangenen Jahr hätte sie zwar auch berührt, "aber im Zoo werden eben auch andere Tiere geboren, und auch andere Tiere sterben."