RE: Warum Luxemburger Richter über Knuts Vermächtnis entscheiden

#1 von ConnyHH , 14.03.2013 22:14

Warum Luxemburger Richter über Knuts Vermächtnis entscheiden
14.03.13, 08:03 / Von S. Bolzen, M. Falkner und T. Laninger

"Knut" oder "Knut der Eisbär" - das ist hier die Frage. Seit Mittwoch verhandelt der EuGH darüber, wer Merchandising-Artikeln mit dem Eisbären vertreiben darf. Der Berliner Zoo gibt sich entspannt.

Zitat
Der Europäische Gerichtshof sollte sich am Mittwoch mit einem ehemaligen Berliner beschäftigen. Der Fall Knut stand auf der Tagesordnung. Fast genau zwei Jahre nach dem Tod des wohl berühmtesten Eisbären der Welt im Berliner Zoo müssen die Luxemburger Richter über dessen Vermächtnis entscheiden.

Es geht um das Recht auf den Markennamen Knut – und damit um viel Geld. Knut-Bilder auf T-Shirts und Schreibblöcken, Plüschtiere und kleine Figuren versprechen angesichts der Beliebtheit des Eisbären auch weiterhin einen enormen Profit.

Verhandlung ohne Vertreter der Streitparteien

Die internationalen Streitparteien im Fall Knut: das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt mit Sitz in Alicante als Beklagter (HABM). Als Klägerin die Firma Knut IP Management mit Sitz in London. Und die Zoologischer Garten Berlin AG als Verfahrensbeteiligte. Doch kein Vertreter erschien zur mündlichen Verhandlung, auch die Berliner nicht, obwohl sie diese eigens beantragt hatten. Jetzt werden die Richter nach Aktenlage entscheiden, und das wird einige Monate dauern.

Der Zoo hatte in erster Instanz vom HABM Recht bekommen, ein Exklusivrecht für Knut zu besitzen. Dagegen klagt die Londoner Firma. Und der Anwalt der Klägerin gibt sich zuversichtlich, dass Luxemburg nicht im Sinne des Zoos entscheiden werde. "Der Berliner Zoo war langsamer als unsere Mandantin. Das Markenrecht wird vom Prioritätsgrundsatz beherrscht: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst", sagte Rechtsanwalt Jens Steinberg, Partner der auf Markenrecht spezialisierten Kanzlei Greyhills.

Londoner Firma sichert sich "Knut – der Eisbär"

Denn als Anfang 2007 ein bald globaler Medienrummel um das Eisbärbaby ausbrach, sicherte sich Steinbergs Mandantin die Marke "Knut – der Eisbär". Mit der Lizenz geht das von EU-Binnenmarktregeln gesicherte Recht einher, Schreibwaren, Kleidung und Sportartikel mit dem Konterfei des Eisbären herzustellen. Im Hinblick auf Knuts potenziell lukrative Vermarktung reagierte der Zoo aus Sicht der Kläger zu spät.

Als die Berliner bemerkten, dass sie sich die Rechte sichern mussten, versuchten sie es nach Darstellung der Kanzlei Greyhills mit einer Spitzfindigkeit. "Der Zoo hat sich einen älteren Markennamen lizenzieren lassen, um ein Angriffsrecht zu bekommen", so Steinberg. Der aber gilt nicht für die Marke "Knut – der Eisbär", sondern für den bloßen Namen "Knut". Dieser sei zudem gar nicht auf die Vermarktung von Produkten angelegt gewesen, meint der Anwalt.

Tieren stehen keine Namensrechte zu

Außerdem stünden die Chancen schlecht, dass die Richter in Hinsicht auf den bloßen Namen Berlin einen Vorzug gäben: "Dass der Eisbär im Berliner Zoo geboren wurde, ist keine Leistung der Zoo AG. Anders als Menschen stehen Tieren keine Namensrechte zu."

Wenn die Markenrechtslage einmal klar sei, werde die Firma Knut IP Management sofort "mit Hochdruck" die Produktion von Knut-Artikeln starten, fügte Steinberg hinzu.

Zoo befürchtet bei Niederlage keine hohen Einbußen

Der Zoo sieht sich gleichermaßen im Recht. Hohe Einbußen müsste er aber nach eigener Darstellung auch bei einem negativen Ausgang des Markenstreits nicht befürchten. "In dem Verfahren geht es nicht darum, dass der Zoo seine Markenrechte verliert, sondern ob ein Dritter einen nahezu identischen Namen benutzen darf für ähnliche Produkte, auf die wir die Rechte haben", sagte Gabriele Thöne, kaufmännische Direktorin von Zoo und Tierpark Berlin. "Sollte das Gericht der Beschwerde der Firma stattgeben, wäre das aus unserer Sicht eine Verwässerung des Markenschutzes."

In Eigenregie vermarkte der Zoo die Markenrechte ohnehin nicht, stellte Thöne klar. "Wir haben Lizenzen an andere Firmen vergeben, so an die Firma Steiff. " Wichtiger seien die Warenklassen 9, 16, 28. Hinter den Ziffern verbergen sich Ton-, Bild- und Datenträger, also DVDs und Videos, Schulhefte und Spiele.

Rätselhafte Firma Knut IP Management

Wer genau die Klägerin Knut IP Management Limited ist, darüber gibt der Anwalt keine Auskunft. Sitz ist laut Handelsregister die Wilton Road, eine belebte Straße mitten in der Londoner Innenstadt. 767 Firmen sind auf diese Adresse angemeldet. Kein Wunder: Im Erdgeschoss hat die Firma "Mail Boxes Etc." eine Filiale.

"Knut IP Management? Das ist möglicherweise jemand, der bei uns ein Schließfach hat", sagt ein Mitarbeiter. "Wir haben hier jede Menge Unternehmen, die uns als Postadresse nutzen."

Bereits 40.000 Menschen haben Knut-Plastik besucht

Auch beim in Berlin ansässigen Markenverband stößt der Fall Knut auf Interesse. Schließlich gibt es im Strafrecht den Tatbestand der "bösgläubigen Markenanmeldung". "Es gibt Fälle, in denen eine Firma eine Markenanmeldung nur nutzt, um die Rechte eines Konkurrenten zu verletzen und ihn bei seiner Geschäftstätigkeit zu behindern", sagt Rechtsexperte Alexander Dröge. "Wenn der Anmelder wusste, dass es schon zurückliegende Markenansprüche gab, kann das Gericht die Ansprüche des Anmelders zurückweisen." Das ist im Fall Zoo gegen Knut IP Management aber wohl nicht der Fall.

Ungeachtet des Markenstreits dürften sich Knut-Fans über eine andere Nachricht freuen. Das Museum für Naturkunde verlängert seine Preview der Dermoplastik im Museumsfoyer bis zum 5. Mai. Rund 40.000 Menschen haben den Eisbären in der Vitrine bereits besucht.

Die Plastik hatten die Präparatoren aus einem kunstvoll modellierten Kunststoffkörper und Knuts Originalfell hergestellt. Nach der Sonderschau wird sie zunächst eingelagert. Frühestens 2014 wird Knut in einer neuen Ausstellung zum Thema "Wert der Natur" dauerhaft zu sehen sein.

© Berliner Morgenpost 2013 - Alle Rechte vorbehalten



Quelle:
http://www.morgenpost.de/berlin/article ... eiden.html

:winkewinke:



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