Jeder Mensch weiß, dass Raubtiere Fleischfresser sind.
Jeder Mensch weiß, dass Zootiere im Zoo verfüttert werden.
Das geht auch in Ordnung.
Kein Mensch zweifelt an, dass das Fleisch von Zootieren gesünder ist, als das behandelte Fleisch von Tieren in Massentierhaltung.
Kein Mensch braucht eine öffentliche Schlachtung oder Sezierung eines Lebewesens. Das ist für mich pervers!!
Das ist auch nicht Aufgabe eines Zoos.
Ein Zoo soll einen Zugang zu Tieren schaffen, die sowohl vom Aussterben bedroht sind, als auch zu Tieren, die man sonst so ohne Weiteres nicht zu Gesicht bekommt. Im Zoo können alle Sinne angesprochen werden, um das Tier besser wahrzunehmen.
Durch einen emotionalen Bezug zu einem Tier, das zudem noch einen Namen bekommt, kann eine weitaus größere Sensibilisierung für die entsprechende Spezies entwickelt werden und eine Verantwortung, was die Erhaltung seines Lebensraumes betrifft.
Nun ja, zumindest bei einem Teil der Bevölkerung.
Was soll eine öffentliche Schlachtung bzw Zerlegung eines Tieres bringen!?
Für mich ist es eine Befriedigung der Sensationsgier bzw die Demonstration der angeblichen Stärke des Menschen über das Tier.
Unter den mir bekannten Tierärzten ist niemand, der sein eigenes Tier einschläfern und anschließend obduzieren könnte. Selbst bei den meisten OPs am eigenen Tier gibt es Probleme.
Ich bin überzeugt, dass das Gros der Menschen sofort zu Vegetariern würde, wenn sie ihre eigenen Tiere schlachten müssten.
Ich habe ein abgeschlossenes Biologiestudium an der Universität Münster absolviert. Mir ist die zweifelhafte Ehre zuteil geworden, Tiere sezieren zu müssen. Es waren nur Ratten und Mäuse, aber ich hätte gerne darauf verzichtet.
Ich bekomme die Bilder nicht aus dem Kopf, die man uns schonungslos vor Augen geführt hat, egal, welchen Artikel man zum Kontext
"Verfütterung einer Giraffe" gelesen hat.
Wenn es mir, als Biologin und aufgeklärtem Menschen schwerfällt, diese Bilder zu vergessen, wie soll dann ein kleines Kind damit umgehen!?
Ich finde es in höchstem Maße unverantwortlich, herzlos und egozentrisch, Kinder mit einer derartigen Situation zu konfrontieren.
Kinder lernen früh genug, dass das Leben kein Ponyhof ist.
Ein Kind soll lernen, Tiere zu lieben, sie süß zu finden und ihnen respektvoll und verantwortungsbewusst gegenüber zu treten.
Einer Kinderseele vorzuführen, dass Tiere im Kreislauf des Fressen und gefressen Werdens nur eine Funktion erfüllen, mag wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, aber führt zu einer zunehmenden Abnahme von Emotionen.
Kein Pädagoge würde seinen Schülern so etwas zumuten, ohne entsprechende Vor- und Nachbereitung.
Und für Interessierte bleibt dann immer noch der Besuch eines Schlachthofes.
Ein Zoo ist dafür nicht der richtige Ort.
Und einem Kind ist es egal, wie sehr ein Tier sich für eine Züchtung eignet.
Ein Kind möchte Tiere liebhaben.
Ich weiß ohnehin nicht, wie ich mir die Zukunft von Zoos vorzustellen habe. Der Genpool wird immer geringer, d.h. die Wahrscheinlichkeit der Inzucht immer größer.
Es ist für mich verwerflich, Tiere, die genetisch verwandt sind, in einen engen Bereich einzusperren, sie ihren Sexualhormonen ungeschützt auszusetzen, die süßen Jungtiere als Kassenmagnet einzusetzen und mit Eintritt der Geschlechtsreife Herr über Leben und Tod zu spielen.
Gerade in der heutigen Zeit wäre es so wichtig, wieder Wertmaßstäbe zu schaffen, in einer Zeit, wo Jugendliche sich immer mehr vom eigentlichen Leben wegwenden und sich toten Medien und virtuellen Welten zuwenden.
Viele junge Menschen haben überhaupt kein Unrechtbewusstsein mehr.
Ich unterscheide immer noch, ob ich töte, um Nahrung für andere zu erhalten oder töte, um angeblich "MinderWERTiges" zu vernichten und damit Tiere zur Sache mit oder ohne Wert degradiere.
Wenn ich Jugendlichen demonstriere, dass ich öffentlich ein kerngesundes Tier töten darf, weil es nicht ins Konzept passt, dann halte ich das für sehr fragwürdig. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Kinder und Jugendlich viele Fragen stellen. Und sie werden fragen, warum musste dieses Tier sterben? Es war gesund und es war jung. Was antworte ich dann?
Zur Ausbildung emotionaler Intelligenz, zur Entwicklung von Gefühlen wie Ehrfurcht, Verantwortung und Pflichtbewusstsein ist die öffentliche Zerfleischung von Tieren mit Sicherheit nicht die richtige Methode.
Ich schreib das hier alles aus dem Bauch direkt in die Maschine. Die Sätze sind nicht ausgefeilt und wirken vielleicht etwas zusammenhanglos.
Es wird Menschen geben, die das genauso sehen wie ich und andere, die das nicht nachvollziehen können.
Soll so sein.
Jeder muss seine eigenen Konsequenzen ziehen und sich seine eigene Lebensmaxime schaffen.
Und jeder muss abends in den Spiegel gucken können.
Ich bin unendlich traurig, wenn ich sehe, worauf der Mensch zusteuert.
Denn wir Menschen sind nichts anderes als Säugetiere. Mit dem gleichen Nervensystem wie andere Säugetiere, mit ähnlicher Anatomie, mit Ängsten und Gefühlen, mit derselben Schmerzempfindung und in so vielen Dingen den Tieren unterlegen. Unsere Macht vielen Tieren gegenüber können wir nur ausüben durch das Einsperren, den Einsatz von Waffen und Medikamenten.
Und diese Tiere haben keine Lobby. Nur uns Menschen. Und sie haben es nicht verdient, vor den Augen von sensationsgeilen, gefühllosen Zuschauern zerlegt und anschließend anderen zum Fraß vorgeworfen zu werden.
Das ist barbarisch und nicht mehr zeitgemäß!
Tja ...
Gitta