Die letzen Wochen erschütterte ein Quälskandal unsere Schweiz. Seit Monaten oder auch Jahren wusste man, dass ein Tierhändler seine Tiere vernachlässig oder quält, schlimme Bilder von toten und abgemagerten Tieren machten die Runde, lange hatte der Kanton und der Amtstierarzt nichts getan und nur zugeschaut
Viel zu lange....durch Druck der Zeitung "BLICK" wurden die Tiere nun endlich an einen sicheren Ort gebracht... Dennoch bin ich nach wie vor entsetzt, wie es bei uns überhaut soweit kommen konnte...
Armee holt überlebende Tiere aus Hefenhofen TG
Amtsarzt steckt Pferdequäler Ulrich K. in «Einrichtung» 08.08.2017 / Aktualisiert um 21:44 Uhr/ von Marlene Kovacs und Stéphanie Jenzer
ZitatDie Tiere vom Quäl-Hof werden abtransportiert! Militär-Transporter sind vor Ort, mittlerweile wurden fast alle Tiere weggebracht. Die Polizei traf bereits in der Nacht sämtliche Vorbereitungsarbeiten. Der Amtsarzt hat derweil eine fürsorgerische Unterbringung für Pferdequäler Ulrich K.* (49) angeordnet.
Die gequälten Tiere sollten nun endlich in Sicherheit sein. Denn nachdem der Tier-Quäler Ulrich K.* in Gewahrsam genommen wurde, traf die Polizei in der Nacht auf Dienstag die Vorbereitungen für die Räumung des Skandal-Hofs. Die Tiere werden nun nach Bern an einen sicheren Ort gebracht. Die Räumung ist mittlerweile fast abgeschlossen. Mit dabei: Lastwagen der Armee.
Mehrere Polizisten sicherten das Gelände. Wenn sich das Tor öffnete, wurde der Blick frei auf eine wilde Ansammlung von Materialtürmen und einen Wagenpark an Landwirtschaftsfahrzeugen. In einem Auslauf standen rund 20 Pferde eng zusammengepfercht und frassen Heu.
Armee half bei Tier-Räumung
Bei der Räumung beteiligt war die Schweizer Armee. Das Veterinäramt erteilte Ulrich K. ein Tierhalteverbot und entschied, dass die 90 Pferde zunächst ins Kompetenzzentrum der Armee für Tiere nach Schönbühl BE gebracht werden. Die übrigen 50 Rinder, rund 80 Schweine, drei Geissen, 25 Schafe, 2 Hunde und Lamas sowie Hühner wurden mit Hilfe von anderen Tierhändlern evakuiert.
Die Tiere, die zwar auf dem Hof von K. untergebracht waren, aber ihm nicht gehörten, werden auch an denselben Ort gebracht. Von dort aus werden sie weiter transportiert.
Die meisten Tiere waren transportfähig
«Bei den Rindern und Kälber muss nun überprüft werden, ob sie trächtig oder gesund sind – respektive ob sie verkauft oder geschlachtet werden», sagte Kantonstierarzt Paul Witzig am Dienstagnachmittag vor den Medien. Die Schafe hätten bei der Räumung teilweise Klauenverletzungen aufgewiesen und auch die Schweine seien in eher schlechtem Gesundheitszustand gewesen, hätten teilweise gar Hodenbrüche gehabt.
Bis heute Abend sollten alle Tiere vom Hof weggebracht worden sein, so Witzig. Vor allem aber bei den zehn Fohlen habe sich der Transport schwieriger gestaltet, als angenommen. «Die Tiere waren teilweise in schlechtem Zustand, die Hufe ungepflegt und die Pferde mager», sagte Witzig. «Ich habe aber kein akutes Tierleid vorgefunden, so wie es auf den Fotos der Fall war.» Ein Kalb habe eingeschläfert werden müssen, ebenso zwei Schweine. Auch zwei Hühner hätten getötet werden müssen. Sie seien von Parasiten befallen gewesen.
«Nun müssen die Besitzverhältnisse und der Gesundheitszustand der Tiere abgeklärt werden», sagte Witzig.
Nachdem BLICK letzte Woche neue Schock-Fotos des Quäl-Hofs in Hefenhofen TG publik machte, und es am Wochenende zu Mahnwachen und Demonstrationen vor dem Hof und vor dem Regierungsratsgebäude in Frauenfeld kam, machten die Behörden am Montagnachmittag endlich ernst.
Tierquäler ist «fürsorgerisch untergebracht»
Laut Andy Theler, Informationschef von der Kantonspolizei Thurgau, ist K. ist gestern von einem Amtsarzt begutachtet worden. «Der Amtsarzt hat ihm eine fürsorgerische Unterbringung angeordnet», sagt Theler. Das heisse, er sei in einer «geeigneten Einrichtung» untergebracht. «Er wird dort untersucht und ärztlich betreut», so Theler. Der Amtsarzt könne diese Unterbringung für maximal sechs Wochen anordnen – die KESB allerdings könnte dies auf unbegrenzte Dauer. K. hat nun aber zehn Tage Zeit, dagegen Beschwerde einzulegen.
Kantonstierarzt mehrmals kontaktiert
Auch vor Ort war heute Morgen bei der Räumung des Hofs Julika Fitzi-Rathgen (52) vom Schweizerischen Tierschutz STS. «Wir haben viele Anfragen von Leuten bekommen, die bei der Vermittlung oder Platzierung der Tiere helfen wollen», sagte sie zu BLICK. Auch bereits am Freitag sei sie beim Quäl-Hof gewesen und hätte sich direkt ansehen wollen, wie es hier aussehe. «Ich habe nur kurz von aussen in den Stall sehen können. Dort lagen Unmengen von Müll. Ein mageres Pferd stand in einem Auslauf und Hunde liefen frei herum.»
Marcel Sauder Photography
Mehrere Male hätte der STS den Kantonstierarzt Paul Witzig kontaktiert. «Wir hätten alle Tiere mithilfe unserer 70 Sektionen unterbringen können», sagte Fitzi-Rathgen. «Wir hätten die 100 Pferde vermitteln können.» Vor allem die Schweine seien sehr stressempfindlich, da müsse man aufpassen.
Fitzi-Rathgen sagte, es sei wichtig, genauer hinzusehen. «Wir müssen solche Fälle in Zukunft noch ernster nehmen. Ich kann nicht verstehen, wie ein Tierhalteverbot aus rein formellen Gründen abgeschmettert werden kann.» Der Fall sei für sie noch mit vielen Lücken behaftet. Es sei lange nur zugeschaut worden. «Es geht nicht, dass die Tierkontrollen an solchen Höfen vorangekündigt werden. Das wäre ja dann wie eine Vorwarnung. Der Landwirt hätte Zeit, Vorkehrungen zu treffen.» Aufgrund dessen könnten auch die ständigen Beschwerden aus der Bevölkerung nie nachgewiesen werden.
Dank BLICK wurde eingegriffen
Die am Freitag eingesetzte Task Force prüfte die Vorwürfe an Ulrich K.. Sie überzeugten sich, dass die publizierten Fotos echt waren. Wegen Ferienabwesenheiten war aber ein früheres Eingreifen nicht möglich. Am Montagmorgen entschied man sich dann, «mit aller Konsequenz» einzuschreiten.
Jetzt spricht die Pferde-Retterin! 10.08.2017 / Aktualisiert um 22:12 Uhr / Interview: Marco Latzer
ZitatIhre 142 Fotos deckten den wohl skandalträchtigsten Tierschutz-Fall der Schweiz auf. Die Anzeigeerstatterin gegen Quäl-Bauer Ulrich K. möchte anonym bleiben, aber erstmals über ihre Schock-Doku sprechen.
Die junge Frau, die anonym bleiben will, spielte BLICK die schlimmen Fotos von toten und sterbenden Pferden auf dem Hof von Ulrich K. zu. Der Fall sorgte darauf national für Schlagzeilen. Erstmals seit längerem steht sie vor dem Quäl-Hof. Mit einem etwas mulmigen Gefühl, weil man dort mit Sicherheit nicht gut auf sie zu sprechen sein dürfte. Marcel Sauder
Mit einem etwas mulmigen Gefühl steht die junge Frau vor dem inzwischen geräumten Skandal-Hof in Hefenhofen TG. Es herrscht eine beinahe gespenstische Ruhe. Über 250 Tiere wurden durch die Behörden in Sicherheit gebracht. Aber die Söhne von Ulrich K.* (49) dürften sich noch immer im Wohnhaus aufhalten. Sie sind nicht gut auf die Besucherin zu sprechen. Die Mittzwanzigerin hat Anzeige gegen K. erstattet. Und mehr noch: Mit 142 Schock-Bildern hat sie den notorischen Tierquäler zu Fall gebracht. Mit BLICK spricht sie erstmals über die Hintergründe ihrer monatelangen Recherche und weshalb sie den Fall an die Öffentlichkeit gebracht hat. Einzige Bedingung: Sie will anonym bleiben.
BLICK: Sie haben am 24. Juli Anzeige gegen Ulrich K. erstattet. Seither spricht die ganze Schweiz von dem Fall. Wie geht es Ihnen heute? Eigentlich gut. Ich habe turbulente Tage hinter mir. Aber ich bin froh, dass ich gehandelt habe.
Was war Ihre Motivation für die umfangreiche Dokumentation gegen den Pferdezüchter? Ich konnte das Tierleid nicht mehr ertragen. Ich war schon länger auf dem Hof und habe immer versucht, den Tieren zu helfen. Teilweise habe ich für deren Versorgung gar selbst bezahlt. Ich bin an den Punkt gekommen, an dem ich nicht mehr helfen konnte. Das Ausmass wurde zu gross.
Wie sah Ihre Rolle auf dem Hof aus? Eine Mitarbeiterin war ich nie, ich bin vielmehr durch eine Bekannte auf den Hof gekommen. Ich hatte Ulrich K. (49) zuvor nicht gekannt. Ich war schockiert, als ich erstmals dort war. Die Verhältnisse waren schon von Beginn weg grenzwertig. Ich habe die Pferde versorgt, war eigentlich das Mädchen für alles – auf freiwilliger Basis. Es geschah aus Mitleid mit den Tieren.
Sie haben die Zustände mit einer Digitalkamera über mehrere Monate festgehalten. Also waren Sie recht häufig da? Ich war alle 14 Tage für jeweils eine Woche da.
In der Anzeige gegen Ulrich K. erwähnen Sie 13 tote Pferde. Wie kommen Sie auf diese Zahl? Ich habe mit anderen Leuten zusammengearbeitet. In der Zeit, in der ich nicht da war, waren diese vor Ort. So können wir bezeugen, dass 13 Pferde tot herumgelegen sind. Es könnten auch mehr sein, aber diese 13 können wir bezeugen.
Sie haben auf dem Hof über längere Zeit verkehrt. Haben sich die Zustände im Laufe der Zeit verändert? Sie haben sich im letzten Jahr deutlich verschlechtert. Es hat nach und nach ein untolerierbares Ausmass genommen. Und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem Barbla A.* (32) als neue Geliebte von K. auf den Hof kam. Ab dann ging es schnell.
Wie war der Umgang mit Ulrich K.? Ich muss sagen: Zu Menschen ist er sehr lieb, ausser wenn er jemanden nicht mag. Ich würde ihn als «gmögig» beschreiben. Er lädt einen zum Essen ein, ist hilfsbereit. Aber für ihn sind Tiere einfach eine Ware. Tierliebe empfindet er nicht. Sie sind eine reine Geldsache für ihn.
Sie sind ein Risiko eingegangen, als Sie die Bilder von toten oder sterbenden Tieren gemacht haben. Befürchteten Sie nicht, dass Sie auffliegen könnten? Zur Klarstellung: Es handelt sich um ein laufendes Verfahren. Zu tief ins Detail kann ich nicht gehen. Aber Ueli hat immer gesagt, ich dürfe auf dem Hof alles machen, was ich wolle. Er sah teilweise, dass ich die Pferde fotografiert habe. Fast alle der veröffentlichten Bilder entstanden, als Ueli abwesend war. Manchmal musste ich pressieren, wenn seine Angestellten in der Nähe waren. Angst hatte ich aber nie. Ich habe gehandelt, weil ich nicht mehr länger zuschauen konnte.
Ulrich K. bestreitet über seinen Anwalt die Echtheit der Bilder. Er wirft Ihnen gar vor, diese gefälscht zu haben. Was sagen Sie dazu? Ich kann persönlich garantieren, dass diese Fotos echt sind! Das wird auch vor Gericht herauskommen. Es gibt Leute, welche die Echtheit bestätigen können.
Anders als die Öffentlichkeit weiss Ulrich K. sehr genau, wer hinter den schweren Anschuldigungen gegen seine Person steckt. Haben Sie Angst vor ihm? Nein, eigentlich nicht. Ich fürchte mich allgemein nicht vor anderen Menschen. Klar, ich bin ein Risiko eingegangen. Aber damit muss ich leben.
Der Hof wurde diese Woche geräumt. Wie haben Sie sich gefühlt, als die Behörden endlich eingeschritten sind? Ich war unglaublich froh, aufgewühlt und sprang vor Freude herum. Ich danke dem zuständigen Departement und dem Veterinäramt, dass sie innerhalb von zwei Wochen eine Unterbringung für 250 Tiere auf die Beine gestellt haben. Als Bernerin möchte ich mich natürlich auch beim Militär für den Einsatz bedanken. Mir ist wichtig: Wir wissen, dass es auch noch in anderen Kantonen Tiere von Ueli gibt. Das Thurgauer Veterinäramt ist auf Amtshilfe angewiesen.
Die Behörden stehen ihrerseits in der Kritik. Kantonstierarzt Paul Witzig (62) traf sich während seiner Ferien zusammen mit einem seiner Mitarbeiter mit mir. Er erwähnte, dass in den jahrelangen Prozessen gegen K. die Beweismittel gefehlt hätten. Das hat sich mit meinen Fotos geändert. Dadurch gelang es ihm und dem Departement, den Hof innerhalb von zwei Wochen zu räumen. Dafür bin ich dankbar.
Sie sagen, es geht Ihnen nun vor allem um die verschwundenen Tiere? Genau. Von meinem Pflegeross Hacky fehlt ebenfalls jede Spur. Es muss in einem anderen Kanton sein. Es wäre wunderschön, wenn es gefunden würde.
Ihre Bilder haben die Schweiz aufgewühlt. Haben Sie die Reaktionen überrascht? Ich hätte nicht gedacht, dass es so krass wird, und war überrascht, dass sogar demonstriert wurde. Dafür bin ich der Öffentlichkeit und den Medien sehr dankbar. Darum ist für mich auch klar, dass ich alles wieder genau gleich machen würde.
Was nehmen Sie persönlich aus dieser Geschichte mit? Es ist für mich eine Bestätigung, dass Mut sich lohnt. Es gibt sicher noch weitere Bauernhöfe in der Schweiz mit ähnlichen Verhältnissen, von denen die Öffentlichkeit nichts weiss. Ich wünsche mir sehr, dass auch dort aufgeräumt wird – und ich anderen Menschen Mut machen kann.»