Ein Bär wird erwachsen
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Samstag, 20. November 2010 01:51 - Von Uta Keseling
Ein Croissant fliegt aus dem blauen Berliner Novemberhimmel. Es folgen Weintrauben, ein halbes Würstchen, eine Banane, eine Makrele, Möhren, Pellkartoffeln und Koteletts. Jedes Mal, wenn der große, gelbweiße Bär unten am Felsen die linke Tatze hebt, fliegt über den Wassergraben die nächste Gabe.
Jenseits des Grabens steht die Tierpflegerin, greift in den Eimer, hebt die Linke, er ebenfalls, sie wirft, er schnappt - und winkt. "Continental Breakfast" für einen internationalen Star: Eisbär Knut. "Er ist es eben von Kind auf gewöhnt", sagt die Tierpflegerin, "die anderen Bärinnen mögen vor allem rohes Fleisch und Brot."
Der Vormittag ist die Zeit der Aufregung im Berliner Zoo: Fütterung. Vogeljubel, Wolfsheulen, Löwenbrüllen. Um halb elf sind die Eisbären dran. Alles wissen das. Krähen kreisen krächzend über dem Gehege. Drei Eisbärinnen, seit September neue Gesellschaft des Einzelbären Knut, toben die Felsen hinunter. Am Rand werden Fotoapparate auf Stativen justiert und Handys gezückt.
"Ah", machen die Besucher, als die ersten Fleischbrocken fliegen und die schweren Eisbärinnen hinterher springen. Knut zieht sich derweil zurück in die untere Hälfte des Geheges und hockt sich auf "seinen" Felsen. "Oh", sagen zwei Teenagermädchen mit Rucksäcken und rot gefärbten Haaren. "Knut! Wie süß!", haben sie eben noch gequietscht, und dann enttäuscht gesagt: "Aber der ist ja gar kein Baby mehr." Stattdessen jetzt das: Knut, der mutmaßlich berühmteste Eisbär der Welt, sieht irgendwie beleidigt aus. Vielleicht traurig. Möglicherweise verängstigt. Könnte es sein, dass er, der Berliner Glücksbär, nicht mehr glücklich ist?
Ein Eisbär als Symbol der Stadt
Wissen Bären, was Glück ist? Umgekehrt ist die Lage klar. Der Bär dient dem Menschen wie kaum ein anderes Wesen zur Projektion eigener Gefühle. Er ist Wappenemblem, Jagdtrophäe, Fabeltier. Der Teddybär, sagen Psychologen, ist das erste Objekt, auf das Kinder Erwartungen und Sehnsüchte übertragen: Beschützen und Beschütztwerden. Und Erwachsene? Die haben Knut.
Knut: Auf die Welt gekommen vor vier Jahren im Advent als meerschweinchengroßes Baby, nackt und blind. Mit der Flasche aufgezogen von einem Pfleger, der darüber selbst fast zum Bären wurde, bis er starb und das Bärenkind Vollwaise wurde. Bewundert und besucht von Millionen Menschen aus aller Welt. Knut wurde Filmstar, Buchheld, Sonderbriefmarke. Es gab ihn als Gummibärchen und Schlüsselanhänger. Schließlich wurde er zum Symbol in einer Stadt, die lange auf der Suche war nach neuer, positiver Energie. "Knut" ist längst mehr als die 270 Kilo Lebendgewicht, die sich jetzt an der unteren Felsenecke auf breite Tatzen erheben.
Knut schaut nach oben, wo sich seine drei Mitbärinnen zu einer weißen Fellmasse zusammendrängen. "Tosca und Nancy sind Freundinnen. Katjuscha ist die älteste und die Chefin", erläutert eine ältere Dame am Gehegerand freundlich. Sie gehört zu den Stammgästen des Zoos, die fast täglich kommen. Einige haben vorhin bei der Pflegerin große Taschen mit Broten, Obst und Fisch abgegeben. Die Besucher selbst dürfen Knut nicht füttern. "Wär' ja auch ungerecht den anderen Tieren gegenüber", sagt eine weitere Dame. "Ich stecke auch immer was für die Elefanten ein", stimmt eine dritte Frau zu, der Ton klingt, als ginge es um Nichten und Neffen.
Die Futtergaben sind ein wichtiges Thema am Gehegerand. "Ein Mann bringt einmal die Woche echte Lachse für die Eisbären", schwärmen die Damen. Eine andere erkundigt sich unruhig: "Hat Knuti denn auch mein Brot gegessen?" Die Pflegerin schüttelt den Kopf: "Noch nicht." Jetzt, im Winter, fressen die Eisbären wenig und schlafen viel. Es ist Ruhezeit. Eigentlich. Also, zumindest in der echten Natur.
Was ist Natur im Zoo? Fauchen und Brummen auf dem Eisbärenfelsen. Eins zu drei stehen die Bären sich jetzt gegenüber: Knut, das Jungtier, vier Jahre alt und fast ausgewachsen, und die Eisbärinnen, zwei Zentner schwerer und etwa 20 Jahre älter. Die Damen am Gehegerand machen sich Sorgen. "Knut bräuchte doch jüngere Spielkameraden", sagt eine Frau. "Das Gehege ist viel zu klein", fügt eine weitere hinzu. Ein Paar in bunten Funktionsjacken schaut fragend zwischen fauchenden Bären und empörten Menschen hin und her. "Who of them is Knut?"
James und Christa Middlemiss sind Touristen aus Kanada. In Kanada gebe es zwar sogar frei lebende Eisbären, sagen sie, "aber Knut kam so oft bei uns im Fernsehen, jetzt wollten wir ihn in echt sehen". Die Knutfreundinnen schütteln die Köpfe. "Medien!", ruft eine verächtlich, sie will ihren Namen nicht in der Zeitung lesen. "Die machen alles noch schlimmer!" Aber was eigentlich?
"Knuddel-Knut", "Knut-sch, der Küsser" - Allein der Name lädt zu Wortspielen ein. Im ersten Knut-Jahr beschworen die Journalisten die kollektive Liebe zu "unserem Eisbärbaby" hemmungslos wie begeisterte Eltern. Doch bald mischten sind andere Stimmen darunter. Tierschützer forderten, das Bärenbaby einzuschläfern oder zu kastrieren - Bären von Hand aufzuziehen sei unnatürlich. Der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel ließ sich zum Knut-Paten küren und den Bären zum Botschafter in Sachen Klimawandel - auch wenn Knut das ewige Eis schon allein deshalb nie sehen wird, weil sich Zoo-Eisbären nur schwer auswildern lassen. Bald fragte sich "Bild" besorgt: "Ist Knut schwul?" - handaufgezogene Eisbären würden sich möglicherweise nicht für Artgenossinnen interessieren. Geschlechtstreif wird Knut voraussichtlich erst im Frühjahr 2011, ausgewachsen ist er in einem Jahr, "und der handaufgezogene Eisbär aus dem Berliner Tierpark hat in Kroatien mehrfach Nachwuchs gezeugt - so viel dazu", stellt Zoochef Bernhard Blaszkiewitz klar. Er ist auf den Knut-Kult nicht immer gut zu sprechen. "Es ist anstrengend, alles dauernd von Neuem zu erklären."
Am Gehegerand haben die Kanadier inzwischen auch neue Fragen. Sie wundern sich über Tosca, Knuts Mutter, die das weiße Haupt hin und her schwingt, majestätisch zwei Schritte vortritt und zwei wieder zurück, Kopf hin, Kopf her. "Sieht so Bärenhunger aus?", fragt auch eine ältere Dame und justiert das Objektiv ihres Fotoapparates. Dass das Tier eine ehemalige Zirkusbärin ist und ihre Schritte den engen Zirkuswagen beschreiben, in dem sie jahrelang lebte, weiß hier kaum jemand. Es steht auch nicht auf den Schildern am Rand. "Es ist nur eine Angewohnheit, so wie Menschen sie auch haben, wenn sie zum Beispiel ständig sinnlose Füllwörter wie 'also' verwenden", erklärt Bärenkurator Heiner Klös vom Berliner Zoo, "das Kopfwackeln ist harmlos". Eisbären hätten es schwer, einmal erworbene Gewohnheiten wieder abzulegen.
Krieg der Bären, Krieg der Bilder?
Kurator Klös klingt nur selten ungeduldig, er ist es gewohnt, aufzuklären und abzuwiegeln. Als vor einigen Wochen ein Video im Internet auftauchte, bei dem der Eisbär Knut mit seinen Mitbärinnen rangelt und rückwärts ins Wasser plumpst, hieß die Schlagzeile in Berlin: "Knut wird gemobbt!" Während sich die internationalen Zeitungen noch über die neue Gesellschaft freuten: "Knut ist verlobt", mutmaßte der Berliner Boulevard: Knut leide unter seinen drei "Schreckschrauben". Den Film hatte ein Knut-Fan arglos auf einen der Blogs gestellt, die dessen Leben aus Fan-Sicht dokumentieren. Als schließlich auch die Berliner Grünen Integrationsprobleme im Eisbärengehege anprangerten und diagnostizierten, Knut sei "ständig im Stress", reagierte der Zoo: Rangeleien seien unter Eisbären normal, mit den "Damen" laufe es gut und Knut setzte sich langsam durch. Das Lokalfernsehen RBB strahlte einen zweiten Videofilm aus: Knut, wie er mannhaft die Höhle von Oberbärin Katjuscha erobert. Krieg der Bären, Krieg der Bilder?
Der Bär, wie gesagt, eignet sich gut als Projektionsfläche. Der vorläufige Höhepunkt war 2009 erreicht, als sich die Zoos Berlin und Neumünster vor Gericht um den Bären stritten. Neumünster wollte Knut zurück - oder zumindest eine Beteiligung an Knuts Millionengewinnen, denn Knuts Vater Lars stammt aus dem dortigen Zoo. Protestbriefe aus aller Welt erreichten Berlin, ein Fanklub sammelte Tausende Unterschriften. Weltweit wurde über das Eisbärenjunge diskutiert, als sei es der letzte seiner Art, auch wenn allein in deutschen Zoos seit 1980 rund 70 Eisbärbabys aufgezogen worden sind. Schließlich sprach der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit ein Machtwort und forderte den Verbleib des Promi-Bären an der Spree. Der Zoodirektor überwies schließlich 430 000 Euro nach Neumünster. Knut blieb.
Dass Fans, Politiker und Schlagzeilen die Familienplanung im Zoo bestimmen, ist neu. Eigentlich einigen sich die Zoo-Kuratoren im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms EEP einmal im Jahr auf neue Paarungen. So ist in anderen Städten der Eisbärennachwuchs längst weitergereicht worden, Promi-Faktor hin oder her. Eisbärmädchen "Flocke" aus Nürnberg lebt inzwischen in Frankreich, der Stuttgarter "Wilbär" ist 2009 nach Schweden umgezogen. Giovanna, Knuts aus München ausgeliehene "Verlobte", ist im Sommer zurückgereist zu ihrem Gefährten Yoghi. Nur Knut wartet weiter auf eine "Traumfrau". Ob er deshalb "Liebeskummer" empfindet, darf bezweifelt werden - Eisbären sind Einzelgänger, zumindest in der Natur. Dass seine drei aktuellen Gesellinnen zu Paarung angemessen sind, bezweifeln auch Zoo-Experten. Weniger wegen der Inzucht - Tosca ist Knuts Mutter. Zoochef Blaszkiewitz sagt: "Das wäre nicht so schlimm, am Nordpol fragt ja auch niemand nach den Genen." Aber die drei "Schreckschrauben" sind rund 20 Jahre älter als Knut.
Nachzucht ist in heutigen Zoos ohnehin nicht mehr alles, was zählt. "Knut lernt, sich in der Gruppe zu behaupten, das ist hervorragend für ihn", sagt Thomas Kauffels, seit Juni Präsident des Verbandes Deutscher Zoodirektoren und Geschäftsführer des Opel-Zoos im Taunus. Kauffels ist wie Blaszkiewitz ein "Purist" unter den Zoodirektoren. "Als im 19. Jahrhundert die Zoologischen Gärten gegründet wurden, wollte man vor allem die Vielfalt und Variationen der Natur zeigen", sagt Kauffels. "Damals hatten meisten Menschen keine Chance, diese Tiere je zu sehen oder ihnen gar gegenüberzustehen." Heute, im Zeitalter des Fernsehens, interessierten sich die Besucher auch für die Entwicklung und das soziale Verhalten der Tiere.
Dennoch sehen beide die Umgestaltung von Zoologischen Gärten zu Erlebnisparks mit publikumsträchtigen "Events" eher kritisch. Der Tierpark Hellabrunn bei München hat in diesem Jahr sein Eisbärengehege ausgebaut und bietet auf der Website ein Extra zu Eisbären: Knuts Interims-Dame Giovanna sei "eine ausgesprochene Eisbären-Schönheit und ein absolutes Spielkind". Wer möchte, kann einen Besuch beim Lieblingstier buchen: "Sie können den Tierpfleger alles fragen." Der Erlebniszoo Hannover hat zwar keine Eisbären, lockt seine Zuschauer aber mit Bootsfahrten, Safaris und Showprogramm, die Mitarbeiter tragen Themen-Kostüme. Ein Zoo solle "Surrogat der Natur sein, nicht deren Imitat", hat einst der Schweizer Zoologe Heini Hediger gefordert. Er gilt als Begründer der modernen Tiergartenbiologie. Erlebniszoos haben mit dieser Idee wohl weniger zu tun.
Zoologische Gärten, sagt Kauffels, seien kulturelle Institutionen für alle Bevölkerungsschichten, vom Schulkind bis zum Rentner, ebenso wie Bibliotheken oder Museen - und insofern angewiesen auf öffentliche Förderung. Der Opel-Zoo, den er leitet, ist der einzige in Deutschland, der ausschließlich privat finanziert wird. "Das bedeutet, dass wir auf Angebote wie Aquarien oder Tropenhäuser verzichten müssen, weil sie hohe Personal- und Energiekosten verursachen." Zoos hätten nicht allein auf den Profit zu schauen, sondern auch auf den gesellschaftlichen Auftrag.
Was aber ist der Auftrag? Der Berliner Zoochef muss sich oft dazu äußern. Etwa, als er in der Hochphase der Knut-Verehrung seinem Tierpfleger Dörflein den Kontakt mit dem immer bärenhafter werdenden Schützling verbot - aus Sicherheitsgründen. Oder als Ende 2007 der damalige Zoo-Manager Gerald Uhlich vorfristig aus dem Job schied. Er hatte die Knut-Vermarktung ausgebaut, Biologe und Zoochef Blaszkiewitz aber wollte keinen "Businesspark". Seitdem spielt der Promi-Bär außer als Fotomodell im Zoo nur noch eine einzige Rolle - die als Tier. Und auch der immer wieder geforderte Ausbau des Eisbärengeheges wird nicht vorgezogen: "Zunächst stehen die Erneuerung der vier Tropenbären-Anlagen und des Vogelhauses an", sagt Kurator Klös.
Disneyland oder Dienst am Tier
Am Gehege von Knut ist die Meinung zum Auftrag des Zoos klar. Jemand hat einen kleinen Plastikball ins Wasser geschmissen - was verboten ist. Nach wenigen Minuten ist das Spielzeug zerfetzt, dann legen sich die Bären wieder hin. "In München werden die Eisbären tagsüber professionell beschäftigt, damit sie sich nicht langweilen", sagt ein Mann vorwurfsvoll in schwäbischem Akzent zu seiner Frau. Sie sind mit den Töchtern gekommen, um Berlin zu sehen, was auch bedeutet: Besuch bei Knut. Der aber schläft.
Wer über Zoos nachdenkt, stößt schnell an Grundsatzfragen, menschliche wie tierische. Wenn ein vollkommen durchschnittliches Eisbärenjunges die ganze Welt in den Bann schlägt, was bedeutet das? Für Peter Walschburger, Biopsychologe an der FU Berlin, ist das Phänomen Knut "ein faszinierendes Ereignis", sagt er, "weil es aus so vielen unterschiedlichen Elementen besteht, die zusammen eine ungeheure Wirkung entfalten."
Walschburgers Forschungsgebiet ist die Schnittstelle zwischen Biologie und Psychologie. Der berühmte Eisbär gehört inzwischen zum Forschungs- und Seminarprogramm. In Knuts Fall interessierte Walschburger zunächst das Kindchenschema: "Runder, großer Kopf, große Augen, rundliche Körperformen, das Tollpatschige und das weiße Fell, das symbolisch für Reinheit und Unschuld steht", zählt er auf. "Dieses Schema ist in uns verankert zur Erhaltung der Art, der Wirkung kann sich kaum jemand entziehen - und Knut verkörperte es in Reinform." Zur Wirkung des Kindchenschemas kam die Begeisterung vor allem bei einem bestimmten Typus Frauen, so der Wissenschaftler. "Bei ihnen erfüllt die Zuneigung zu schutzbedürftigen Tierkindern bestimmte Sehnsüchte, etwa, wenn die Kinder oder ein Partner fehlen".
Das "Phänomen Knut" beweist für den Forscher noch etwas anderes. Um aus einem niedlichen Bären ein Medien-Ereignis zu machen, sagt er, reiche es nicht, niedlich zu sein. Es bedürfe zudem einer "kritischen Masse der Rezeption", also weiterführenden Elementen und Geschichten, mit denen die Knut-Saga immer weiter erzählt werden konnte.
Der Biopsychologe klingt begeistert, wobei es wohl nicht das Tier an sich ist, das ihn fesselt, sondern dessen Wirkung: "Die Knut-Story war gut für die Menschen", sagt Walschburger. "Uns erreichen heutzutage immer mehr schlechte Nachrichten von Ereignissen sehr weit weg. Doch auf diese Ereignisse haben wir gar keinen Einfluss." Dieses unbestimmte Gefühl der Machtlosigkeit führe zu Stress, "gerade, wenn man den Kontakt zur Außenwelt vor allem durchs Fernsehen hält wie viele ältere Menschen." Der Slogan "Knut tut gut" sei deshalb in mehrfacher Hinsicht zutreffend gewesen.
Könnte man mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht einen zweiten "Knut" als Medienereignis geplant herbeiführen? Walschburger verneint. "Das ist ja das Spannende. Trotz aller Erklärbarkeit bleibt im Nachhinein ein intuitives Moment", wie er es nennt: "Etwas Einmaliges, vergleichbar mit einem Kunstwerk. Kunst ist eben nicht konstruiert, sondern berührt uns mit einer Wahrheit, die rational nicht ganz nachvollziehbar ist, auf die wir aber dennoch reagieren." Diese sei eine "ratiomorphe", also vernunftähnliche Erkenntnis: "Es ist doch schön zu wissen, dass hinter unserer Rationalität eine weitere Ebene liegt, die uns vernünftig handeln lässt, um beispielsweise unseren Nachwuchs zu schützen."
Füttern ist geteiltes Glück
Knut, ein Kunstwerk? Das dürfte auch am Eisbärengehege gefallen. Dort sind am Abend die Bären wieder aufgewacht, zur zweiten Fütterung. Diesmal werden auch die Brote vom Vormittag verspeist. Zu den großzügigen Spendern gehört unter anderem Gabriela Stoske, die fast täglich kommt. In zwei Wochen, wenn Knut vier wird, wird sie ihm etwas Besonderes mitbringen. "Zum letzten Geburtstag bekam er eine Drei aus Brot, diesmal eine Vier. "Ich lasse sie beim Bäcker extra backen."
Wissen Bären, was Glück ist? Zumindest ein "ratiomorphes Moment" dürften sie wohl mit den Menschen gleichzeitig erleben - das Glück, zu geben und das Glück, zu empfangen. "Bären mögen gern Süßes", sagt Bärenkurator Klös sachlich und verweist auf "Winnie the pooh", den wohl allerberühmtesten Bären der Welt und dessen immerwährende Lust auf Honig.
Gabriela Stoske wird nicht allein zur Geburtstagfeier kommen. Das weiß auch Zoodirektor Blaszkiewitz, der knurrt: "Welche Feier?", dann aber versöhnlich wird: "Ein bisschen was Besonderes bekommt Knut auch von uns - auch wenn er seinen Geburtstag wohl kaum als besonderen Tag empfinden wird." Auch er, sagt Blaszkiewitz, habe Knut als Jungtier niedlich gefunden - dem Kindchenschema kann sich niemand entziehen. "Aber haben Sie mal ein kleines Panzernashorn gesehen? Das ist mein Lieblingstier!" Es sei letztlich auch eine emotionale Angelegenheit, die faltigen Zweitonner in Zoos vorm Aussterben zu retten: "Die Natur würde auch ohne sie weiterexistieren."
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