RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#1 von Frans , 20.04.2012 12:11

Es fehlte ihm der Mund eines Eisbären ...

Der Frühling ist für mich die schönste Zeit des Jahres. Die Tage werden länger, die Luften erscheinen mir blauer und die Wolken weisser. Der Sonnenschein wird kräftiger und kräftiger. Pflanzen, Sträucher und Bäume schlagen aus, die ersten Frühlingsblumen blühen. Auch in der Tierwelt erwacht neues Leben.

Selbstverständlich ist alles neue Leben wertvoll. Das gilt für mich aber noch ein klein wenig mehr für eine Tierart der mir "seit Knut" an's Herz gewachsen ist: natürlich dem Eisbär. In Zoos rundum meinem Wohnort sind in das vergangene Winter nicht weniger wie fünf Eisbärkinder geboren. Drei davon überlebten: Zwei in Ouwehands Tierpark in Rhenen, Niederlande; eins in dem Zoologischer Garten von Wuppertal, im Bergischen Land.

Die Eisbärkinder in Rhenen habe ich schon mehrmals besucht. Es ist schön zu sehen wie die bis jetzt noch namenlose Eisbärchen ihre Welt entdecken und ebenso schön ist es zu sehen, wie Mutter Huggies sich über ihre Kinder freut und wie fürsorglich sie damit umgeht. Sie strahlt richtig! Huggies ist aber auch eine sehr erfahrene Mutter, die schon acht Kinder auf die Welt gebracht und aufgezogen hat.

Das Eisbärmädchen in Wuppertal hat schon einen Namen: Anori, "Kind des Windes", so genannt weil es an dem Tag als die kleine Eisbärin geboren wurde, draussen sehr stürmisch war. Es ist das zweite Mal, das Vilma Mutter geworden ist. Dieses Mal mit hilfe von ihrem Gefährten Lars, dem Vater von Knut. Das macht also Anori im genealogischen Sinne zur Halbschwester von dem berühmten (aber vor alles geliebte) Eisbär aus Berlin.

Am Wochenende, dem 14ten April war es so weit: ein Besuch bei Anori und Familie war angesagt. In Gegensatz zu Ouwehands Tierpark ist das Eisbärengehege im Zoo Wuppertal klein. Einen Vorteil hat das aber doch: Während die Eisbärkinder in Rhenen oft 100 Meter entfernt spielen, unter den wachsamen Augen von Mutter Huggies, ist es in Wuppertal möglich Anori und Mutter Vilma ganz, ganz nah zu sehen - nur mit einer Glasscheibe zwischen Besucher und Tier.

Ob das Herankommen von Besuchern auch von den Tieren als Vorteil gesehen werd, ist natürlich fraglich ... Glücklicherweise können sie sich aber immer selbst entscheiden, ob sie in der Mutter-Kind-Anlage verbleiben oder in's Innengehege gehen wollen.

Genau wie in Rhenen ist es in Wuppertal faszinierend zu erleben wie Anori ihre Welt entdeckt und wie zärtlich Mutter Vilma mit Anori, dem ersten überlebenden Kind, umgeht.

Genauso interessant war aber der Unterschied mit den Bären im Ouwehands Tierpark. In Rhenen toben zwei Kinder mit ungefähr gleichen Kräfte und einem gleichen Entwicklungsstadium miteinander. Obwohl es zwischen den Beiden und Huggies sehr viel Kontakt gibt, sieht es anders aus wie bei Vilma und Anori, wo kein Dritter im Spiel ist. Das Kontakt ist öfter und intensiver, so scheint mir. Gut denkbar: Vilma hat eine Doppelrolle; sie ist Mutter únd sie ist Spielgefährtin.

Der Kontakt hat übrigens unterschiedliche Formen. Oft hört man ein leises Brummen; Mutter und Kinder gucken einander an - mit welchen Augen! Mit ihren grossen Tatzen weiss der Mutter streitende Bärchen von einander zu trennen und ist sie behilflich, wenn grosse Felsen oder glatte Baumstämme noch einen Schritt zu hoch sind. Erziehendes Stubsen ist auch in das Aufzucht-Programm inbegriffen. Mit ihrer zarten Nase wird gekuschelt und beruhigt. Auch die einfache Anwesentheit und andauernde Aufmerksamkeit der Mutters ist eine Form von Kontakt, der für die Bärenkinder unverzichtbar ist. Alles wird beobachtet, nicht nur von Mutter zu Kind aber auch von Kind zu Mutter: Auch bei der Bären-Erziehung ist es so, das sie mit gutem Beispiel vorangeht.

Bis meiner Besuch im Zoo Wuppertal habe ich das immer so gesehen. Aber so nah an Vilma und Anori bemerkte ich noch eine andere Weise von Kontakt - ein der vielleicht wohl ein der wichtigsten Formen bei Eisbären ist: der Mund. Oder weniger höfflich: das Maul, wenn ihr wollt.

Ich kann jetzt viele Worte benutzen um das zu erklären. Doch ich möchte lieber, dass ihr einfach mit mir mitguckt. Mal sehen ob ihr euch meiner Meinung anschliessen könnt.



















Seht ihr das? Wie ein Eisbär mit dem Mund nicht nur essen, sprechen und küssen, aber auch streicheln, liebkosen, geniessen, beruhigen, schmusen, unterstützen, zufrieden stellen, begnügen, loben, trösten, ermutigen, führen und selbst bestrafen, warnen und zurechtweisen kann? Was für eine Ausdruckskraft und Expressivität! Dazu können wir uns gar keine Vorstellung machen von der extra Dimension, die das ultra-gute Geruch dazu geben soll. Da bekommt meiner Meinung nach der Begriff "reden ohne Worte" eine viel grossere Bedeutung, als ich je gedacht habe.















Wie natürlich macht Vilma das alles bei Anori! Ich müsste zurückdenken an Thomas Dörflein und Knut, auch weil ich den Teil von Knuts Erziehungs-Geschichte nicht persönlich erlebt habe und es nur aus zweiter Hand kenne. Ich glaube, Thomas Dörflein fehlte "der Mund eines Eisbären". Wie schwierig muss es für ihn gewesen sein, Knut auf "eisbärengerechte" Weise auf zu ziehen, weil ihm nur sein - in diesem Kontext armselige - menschliche Körper zu Verfügung stand. Wie lange brauchte Knut um zu merken, dass er ein Eisbär war und kein Mensch. Die Körpersprache, vor allem die Körpersprache mit dem Mund, fehlte. Auch Knut fehlte "der Mund eines Eisbären"... Nur wenn er sich die "Sprache des Mundes" eigen machte, konnte er Giannas Gesten verstehen und sie richtig deuten, so dass eine grosse Zuneigung zwischen den Beiden entstehen konnte.

Das ist keine Kritik an Thomas Dörflein. Im Gegenteil: Es erstaunt mich immer mehr, was er mit völlig unzureichenden Mitteln bei Knut erreicht hat.

Der Schriftsteller und Filmemacher Michael Miersch schrieb in sein Nachruf *) für Thomas Dörflein:
"Je häufiger man Thomas Dörflein im Jahr 2007 sah, desto mehr wuchs der Respekt vor ihm. Ein Mensch, der unverhofft berühmt wurde, jedoch keine wohlfeilen Sprüche klopfte und sich nicht vor Kameras prostituierte. War es diese Wortkargheit, die ihn so sympathisch machte? Dörfleins Wirkung beruhte nicht auf effekthascherischem Schweigen. Das Besondere lag in der Weigerung, die ihm zugedachte Rolle anzunehmen. Dörflein machte nicht auf "Bärenflüsterer" oder "Klimabotschafter", sondern blieb Tierpfleger. Menschen, die durch Genügsamkeit und Gelassenheit ihre Seelenruhe finden, sind selten geworden in einem Klima hitziger Eitelkeit, in dem selbst Terroristen in die Talkshows drängeln und Pilgerreisen zu Events werden."

Um als Mensch eine Brücke zu einem Eisbären zu bauen, welches Thomas Dörflein bestimmt gelungen ist, muss man aber ein aussergewöhnlich guter Kommunikator sein.















"Kann der blöde alte Rentner in der blauen Jacke nun endlich weiter laufen!?" brüllte man zu mir am Gehege. Inzwischen kamen mir in der Hektik der Menschenmassen am Wuppertaler Eisbärengehege die oben beschriebenen Gedanken in den Sinn.

*) Quelle: http://www.welt.de/vermischtes/article25...-Doerflein.html

 
Frans
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RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#2 von Ludmila , 20.04.2012 12:51

Lieber Frans!
Du hast fantastusche Bilder gemacht. Vilma ist eine schöne Mutter :D

 
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RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#3 von Mona ( gelöscht ) , 20.04.2012 13:02

Lieber Frans, :winkewinke:

Danke für deine wunderschöne Geschichte :heart: und wie sie doch der Wahrheit entspricht. Darüber habe ich mir vorher nie Gedanken gemacht. Eisbärisches erziehen geht immer über den Mund und ich sage Mund, denn Maul finde ich auch beim Tier nicht schön :negativ:

Ja, Thomas Dörflein fehlte der Mund des Eisbären, doch mein Respet vor diesem ganz besonderen Mann ist sehr groß. Er hat die Erziehung und die Brücke zur Kommunikation mit Knut hervoragend gebaut. :top:

Für deine wunderbaren Fotos über die Eisbärische-Erziehung danke ich dir sehr. :dance: Sie sind fantastisch und wunderbar :heart: :boohoo:

Liebe Grüße
Mona :winkewinke:

Mona

RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#4 von BEA ( gelöscht ) , 20.04.2012 13:28

Lieber Frans :heart:

Vielen Dank für diesen großartigen Bericht. Du wirst mit Sicherheit Recht haben, deine Fotos belegen den großen Körperkontakt über das Maul.
Anori mit mama Vilma sind hinreißend.

LG
Bea :winkewinke:

BEA

RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#5 von Gitta ( gelöscht ) , 20.04.2012 14:14

[mittig]Lieber Lieblingsholländer Frans,
der mit dem 's' am Ende seines Namens :heart:

Super Geschichte,
Sensationelle Aufnahmen,
Sagenhafte Beobachtungsgabe![/mittig]


[mittig]Ich möchte zwei Bilder aus meinem reichhaltigen Fundus beisteuern,
die zum Kontext passen.[/mittig]


[mittig][/mittig]

[mittig][/mittig]

Gitta

RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#6 von Frans , 20.04.2012 14:36

Danke für eure nette Worte, Ludmila, Mona, Bea, Gitta!

Schöne Bilder hast du eingestellt Gitta; sie passen intertat genau zur Thema.

Vor einige Zeit hat BarbaraBerlin ein Hinweis eingestellt zu einen Video von Agee und ihre Trainer. Diese video zeigt genau was ich in das Artikel oben versuchte zu sagen. Wer Agee gut betrachtet, sieht das ihre Mund nicht 'mitwirkt'. Das hat sie entweder nicht mitbekommen als Handaufzucht (wie Knut), entweder hat der Trainer sie das abgelernt. Menschenhaut ist auch sooo empfindlich für ein paar Eisbärzahnen ... :whistle: Seht ihr aber das Unterschied zwischen den Begegnungen von Agee und ihre Trainer und den Begegnungen zwischen Vilma und Anori? Interessant! finde ich solche Sachen.

:winkewinke:
Frans

 
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RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#7 von Ludmila , 20.04.2012 14:56

Frans
Es war sehr interessant Vilma und Anori zusammen zu beobachten. Sie waren auch sehr nah zu uns, deswegen haben wir die "Mundaktivitäten" so gut sehen können.
:winkewinke:

 
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RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#8 von UrsulaL , 20.04.2012 15:30

Lieber Frans,

vielen Dank für den hervorragenden Bericht und die schönen Fotos. Du bist ein guter
Beobachter. Wenn man die Fotos so sieht, hast Du bestimmt Recht.

Liebe Grüße
Ursula :winkewinke:

 
UrsulaL
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RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#9 von Gelöschtes Mitglied , 20.04.2012 15:36

Hallo Frans,

vielen Dank, dass Du Deine Beobachtungen, Gedanken, Schlußfolgerungen
mit uns teilst und auch uns zum nachdenken anregst.
So habe ich das bisher nie gesehen, aber Deine Fotos zeigen, wie wichtig
der MamaMund von Vilma ist.

Deine Fotos sind wieder :top: Du bist eben ein toller Fotograf.
darf ich mir 2-3 Bilder für mein Album nehmen??

Lg Cleo :winkewinke:

Gitta,

Deine Fotos sind auch klasse.

meine kleine Kamera gibt solche Bilder leider nicht her, oder ich bin zu dumm :think:

:winkewinke: :winkewinke:


RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#10 von Frans , 20.04.2012 16:11

Danke für eure Kommentare.

Cleo, (und andere) du möchst alle Bilder nehmen die ich einstelle.

:winkewinke:
Frans

 
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RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#11 von water , 20.04.2012 16:49

Mir gefallen die Fotos und die Gedanken dazu sehr gut. Der Mund ist auch bei Menschen noch sehr wichtig. Säuglinge saugen;Eltern küssen ihr Kind; wie oft schnappt man sich das kleine Näschen zart mit dem Mund, wenn die Hände das Baby halten; Dinge werden in den Mund genommen,um sie zu erforschen;also auch beim Menschen sehr viel Mund.
Nun kommt bei den Eisbären dazu, dass sie häufig alle vier Pfoten auf dem Boden haben und daher das Streicheln und das Halten häufig mit den Pfoten nicht möglich ist.
Ob Maul oder Mund, wir sind alle darauf angewiesen.

 
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RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#12 von water , 20.04.2012 16:51

Ich habe auch am Ohr meiner Kinder zart geknabbert :positiv: . Keine Sorge , die Ohren sind noch komplett.

 
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RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#13 von Birgit B , 20.04.2012 16:57

Danke Frans
Für die schönen Fotos und die Geschichte
Es war eine sehr schöne Zeit
Ich werde welche von Freitagmorgen reinstellen
Lg Birgit :knuti_geschminkt:


 
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RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#14 von Frans , 20.04.2012 17:10

Danke Birgit, für deine Kommentar. Sicher war es einen schönen Zeit! :positiv: :D
Ich freue mich auf mehr Bilder von dich.

:winkewinke:
Frans

 
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RE: Auf Besuch bei Anori im Zoo wuppertal, 14-15.4.2012 (DE)

#15 von Frans , 20.04.2012 17:13

Hallo Water,

Das mit den vier Pfoten auf der Grund hat ich mich gar noch nicht bedacht! Das ist ein tollen Gedanken und bestimmt Wahr! Und ja, du hast recht das auch bei Menschen der Mund richtig wichtig ist (reimt auch noch :D ).

:winkewinke:
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