Gestatten – mein Name ist Bruno
3.6.2011
Seit dem 28.Mai 2011 lebe ich im Bärenwald Müritz und ich habe mich schon ein ganz gut eingelebt.
3.6.2011
Wo ich geboren bin, habe ich leider vergessen, aber es soll im Jahr 1977 gewesen sein.
Meine Jugend habe ich in einem Zirkus verbracht. Auch an diese Zeit kann ich mich nicht mehr gut erinnern. Vielleicht ist das auch gut so, denn Wildtiere wie ich gehören in keinen Zirkus.
1985 oder 1986 bin ich in den Tierpark nach Lübeck gekommen.
Über diesen Tierpark hat man mir erzählt, dass Lotte Walter, eine „Zirkusfrau“, 1952 mit einer Gruppe Großkatzen und einigen anderen Tieren nach Lübeck gekommen ist. Damals lebten die meisten der Tiere in Zirkuswagen.
3.6.2011
1957 wurde der Förderverein Tierparkgesellschaft e.V. gegründet und 1976 übernahmen der ehemalige „Zirkusdirektor“ Günther Lehmensiek und seine Ehefrau Waltraud als BetreiberInnen den Tierpark Lübeck. Stellt euch einmal diesen Tierpark vor: dort lebten 340 Tiere und alle in Käfigen ohne Außengehege.
Dieser Tierpark ist von Anfang an immer wieder in die öffentliche Kritik geraten. Ich denke zu Recht!
Mein Leben dort ist schnell beschrieben. Ich war der Star des Tierparks aber mir stand nur ein winziges Gehege zur Verfügung. Mein Leben war ziemlich trist. Ich konnte mich kaum bewegen und Wiese und Sand unter den Tatzen haben mir auch sehr gefehlt.
Im Dezember 2005 habe ich einen Paten bekommen. Er ist TV-Moderator und heißt Carlo von Tiedemann.
Ob er glücklich mit dieser Patenschaft war, wage ich zu bezweifeln. Man hat ihn häufig angegriffen, weil er mit seiner prominenten Patenschaft den Tierpark unterstützen würde.
2010 wurde entschieden, dass der Tierpark in Lübeck im Oktober des Jahres geschlossen werden muss. Der Pachtvertrag lief dann Ende 2011 aus. So lange durfte ich dort wohnen bleiben. Einige tierische Mitbewohner haben eine neue Heimat gefunden. Ich leider erst einmal nicht.
3.6.2011
Stellt euch vor: Auf Grund meines Alters und meiner angeschlagenen Gesundheit hat eine Tierärztin und Gutachterin, auf Initiative der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) empfohlen, mich einschläfern zu lassen. Ich war sehr entsetzt! Auch ein alter Bär hängt an seinem Leben.
3.6.2011
Natürlich bin ich in die Jahre gekommen und mein Alter und die schlechten Haltungsbedingungen haben dazu geführt, dass ich starke Arthrose in der Hüfte bekommen habe.
3.6.2011
Außerdem haben sich Geschwüre in meinem Maul gebildet. Beides führte dazu, dass ich mich nicht mehr gut pflegen konnte. Aber deshalb muss man mich doch nicht einschläfern!
3.6.2011 - große wunde Stelle am Bein
In meine große Not stahl sich aber bald ein kleiner Hoffnungsschimmer.
Die Stadt Lübeck war gegen das Einschläfern und bat die Tierschutzorganisation Vier Pfoten, sich meiner anzunehmen.
Vertreter der Stadt und der zuständige Amtstierarzt beriefen sich auf den „Veterinary Visit Report“ der „International Zoo Veterinary Group“ vom 4. November 2010, worin die Unterbringung in einer angemessenen neuen Einrichtung angeraten wurde; ein Einschläfern sei nicht die beste Option.
13.6.2011
Die Bärenspezialisten von Vier Pfoten kamen nach Lübeck, haben mich untersucht und längere Zeit beobachtet.
Mir ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen, als sie sagten, dass ein Bär wie ich in einem artgemäßen Lebensraum bei guter Pflege und Bewegung durchaus noch einen nahezu schmerzfreien Lebensabend verbringen kann.
Sie sagten allerdings auch, dass ich vor dem Transport keine Narkose mehr bekommen darf. Dazu sei ich zu geschwächt. Naja, traurig war ich nicht darüber. Wer lässt sich schon gern pieksen.
3.6.2011
Es sei noch gesagt, dass es dem Lübecker Tierparkdirektor sehr, sehr schwer gefallen ist, mich gehen zu lassen. Er liebt mich nämlich sehr. Aber er musste verstehen, dass ein Bär nicht in einen winzigen Käfig gehört, auch wenn man mit ihm spricht, ihn lieb hat und ihn aus der Hand füttert.
Ich war jedenfalls sehr neugierig auf das, was mich in meinem neuen Zuhause erwarten sollte. Wiese, Wald, Wasser und Platz soweit das Auge eines alten Bären reicht. So etwas kannte ich nicht und ich konnte es mir auch einfach nicht vorstellen.
Teil eines Bärengeheges
Vor meiner aufregenden Reise gab es natürlich noch einiges zu regeln. Aber am 28. Mai war es endlich soweit. Ich bestieg die Transportkiste und die Kiste mit mir dann ein Auto von Vier Pfoten.
geht gleich weiter ...